Skip to content

Schwarz-weiß und analog, Teil 113: Troisdorf

Film: Fompan 100 #25, Kamera: EXA Ia, Juli 2021

Navigation: 113, 114

Wenn man nach der Anzahl der Bilder, die ich auf einmal verballert habe, geht, dann muss dieses Stück ostdeutscher Fotogeschichte schon sehr viel Spaß gemacht haben! ;-) Und tatsächlich: So simpel, wie die Kamera aufgebaut ist, so interessant ist es, damit Fotos zu machen. Wer sich nicht auskennt: Die EXA Ia ist die Budget-Version der größeren Exa- und Exakta-Schwestern. Das war damals, als der Name noch was bedeutet hat, als die Firma Ihagee noch Waren unter diesem Namen in guter deutscher Wertarbeit zusammengebaut hat, um dem kapitalistischen Klassenfeind zu zeigen, dass sie das auch mindestens genau so gut können. Einziges Problem: Diese Dinger sind bis in die 1980er gebaut und verkauft worden, als die ersten japanischen Kamerahersteller schon bald jahrzehnte lang TTL-Belichtungsmessung und Kameras mit Belichtungszeiten bis zu 1/4000s gebaut haben und der Autofokus so langsam in Mode kam. Währenddessen blieb diese Kamera auf dem Stand der Technik von 1960 stehen: Kein Belichtungsmesser, ein Sucher in einem Lichtschacht, und keine Spur von einem Verschlussvorhang, der schneller Zeiten ermöglicht hätte. 1/175s ist das schnellste, was geht. Also eine halbe bis zweidrittel EV schneller, als ich für Sunny Sixteen brauchen würde, immerhin.

Diese Technik aus den 1960ern hat allerdings auch Vorteile: Sie ist praktisch unkaputtbar, denn alles ist rein mechanisch und solange hier nichts eintrocknet oder verrostet, kann man praktisch immer und überall Fotos machen. Ein Belichtungsmesser wäre zwar hilfreich, aber ich habe ja eh immer eine Digitalkamera oder zumindest ein Handy dabei, mit dem man das eben mal so erledigen kann. Es gibt ja für alles eine App heutzutage. Außerdem ist das altmodische Domiplan-Objektiv erstaunlich scharf, wie ich selber feststellen konnte. Und damit kommen wir jetzt auch endlich zu den Bildern, die ich hier heute vorstellen wollte. Entstanden sind sie alle im Juli in Troisdorf, während ich mal wieder nicht mit ins Wartezimmer durfte. Blöde Pandemie!

Deshalb zeigt das erste Bild auch die Außenfassade des Troisdorfer Krankenhauses, bzw die Kapelle im Vordergrund. (f/8, 1/175s.) Wie man an den Werten ablesen kann: Es war sehr hell und die Fassade ist ja auch nicht gerade dunkel gestrichen. Auf den ersten Blick kann man hier sehen, wie gut das Objektiv Kontraste wiedergibt, was auch sehr zum Schärfe-Empfinden beiträgt. Fokussiert hatte ich auf das Kreuz der Kapelle und bei f/8 sind die Fenster in der Fassade praktisch ebenfalls scharf. Man kann jedenfalls die Klammern, die die Waschbeton-Blöcke zusammenhält, noch sehr gut erkennen. Im Vordergrund ist es etwas unschärfer: Die Blätter des Busches sind bereits ziemlich unscharf und das, was vom Parkplatz-Schild am unteren Rand ins Bild ragt, ist praktisch ganz außerhalb des Tiefenschärfebereichs. Hier habe ich also einen guten ersten Eindruck dessen, was uns im Rest des Films erwartet, denn es gibt heute tatsächlich nur ein einziges Bild, dass ich mit Offenblende machen konnte. Es war halt Sommer und sehr sonnig! ;-)


Eines der Bilder, die immerhin mit beinahe offener Blende entstanden ist, ist der Gedenkstein, an dem man auf dem Weg zur Burg Wissem vorbei kommt. (f/3,5, 1/175s.) Hier, unter den schattigen Bäumen, konnte ich so zumindest Ansatzweise das Bokeh-Verhalten bei sehr nahem Fokus austesten. Die Blenden-Kreise werden zu den Ecken hin immer länglicher, aber ein echtes Swirl wie beim Helios stellt sich noch nicht ein. Gleichzeitig sind die sechs Ecken der Blendenlamellen aber noch nicht so richtig wahrnehmbar; da ich ja gerade mal um eine halbe Stufe abgeblendet habe, sind die noch ziemlich rund. Im Vordergrund ist der Stein sehr scharf: Ich hatte das D scharf gestellt und nur die ganz nahe liegenden Buchstaben verschwimmen langsam: O und P sind so scharf, wie es geht, F und E werden langsam unscharf und R und N sind dann bereits so weit aus dem Fokus heraus, dass man sie getrost als unscharf bezeichnen kann. Erstaunlicherweise ist die Unschärfe und der Übergang ziemlich sanft. Auch zu den Ecken des Steins hin halten sich die Verzerrungen noch sehr in Grenzen, was man auf Grund der oben beschriebenen verzerrten Blenden-Kreise eigentlich nicht erwarten würde.

Als ob ich das bestätigen hätte wollen, habe ich nebenan dann noch das Wegekreuz und den daran hängenden Jesus fotografiert und dieses Mal konnte ich die Blende tatsächlich komplett offen lassen. (f/2,8, 1/125s.) Außerdem ist es das erste Bild, bei dem ich mal eine andere als die allerschnellste Zeit verwenden konnte, auch wenn es nur etwa eine halbe Blendenstufe ist. Von so weit unten hoch zu fotografieren, ist mit einem Lichtschacht-Sucher nicht ganz einfach; ich musste mich schon ziemlich verrenken, um den Bildausschnitt hin zu bekommen, den ich haben wollte. Deswegen ist der Jesus leider nicht ganz scharf geworden. Die Abbildungsleistung des Objektivs ist trotzdem relativ gut abzuschätzen und auch hier für sowas altmodisches auch gar nicht so schlecht. Obwohl ich hier direkt ins Licht fotografiert habe und dementsprechend die Mitte ziemlich überbelichtet ist, sieht man keinerlei Flares oder Ghosts, und auch der Kontrast ist durchaus noch OK. Bei einem Farbfilm würden mich an den Übergängen zwischen Kreuz und Himmel noch die Chromafehler interessieren, die man in s/w natürlich nur raten kann. Ich glaube allerdings, dass die Linsen, wenn überhaupt, nicht besonders hoch vergütet sind und sich das Objektiv so wahrscheinlich eher für s/w eignet - obwohl es im Internet sehr viele Leute gibt, die es auch auf moderne Digitalkameras adaptiert haben und da recht gute Farbbilder bei raus kommen.

In die andere Richtung, den Weg zurück zum Krankenhaus runter habe ich dann auch mal einen Schuss abgegeben und diesen E-Scooter getroffen. (f/4, 1/125s.) Die Unschärfe ist hier im Hintergrund etwas nervös, finde ich, fast schon stressig. Passt gut zum geparkten Scooter, der möglichst schnell wieder los will, aber persönlich kriege ich da ein unangenehmes Kribbeln in den Neuronen, was nur schlimmer wird, je länger ich hin gucke! ;-) Cooles Bild, besonders die kaum noch als solche erkennbare, sich entfernende Person auf dem Bürgersteig, aber ich kann es glaube ich nicht viel länger beschreiben, weil mir schwindelig wird. Wenn man schnell noch genau hin schaut, zB oben links in den Bäumen, sind auch hier die Blendenkreise noch sehr lang gezogen. Gut, f/4 ist ja auch nur eine Stufe abgeblendet.


In die andere Richtung steht das weiße Fahrrad, um die Autofahrer an all die Radfahrer zu erinnern, die ständig überall geplättet werden. (f/5,6, 1/175s.) Hier sieht der Hintergrund viel ruhiger aus. Da wir hier einen einigermaßen gleichmäßigen Vordergrund aus Gras haben, kann man auch mal die Vignettierung in den Ecken beurteilen: Hält sich, zumindest bei dieser mittleren Blende, sehr in Grenzen. Schärfe ist sehr schön, das Fahrrad kommt gegen die dunkle Wand und Hecke recht gut raus. Wenn es jetzt noch gerade wäre, wäre es ein gutes Bild. ;-)

Vor dem Eingang zum Schloss stand dieser dreirädrige Alfa Romeo Lieferwagen herum. (f/5,6, 1/125s.) Ich glaube, den habe ich schon öfter dort gesehen, ist also wohl nichts Besonderes. Aber die Reflexe auf dem frisch geputzten Lack haben mich dann doch ein Bild machen lassen. Auch hier ist die Hintergrundunschärfe etwas unruhig, aber nicht ganz so schlimm wie beim E-Scooter oben. Wiedermal etwas schief, ich muss mit dem Lichtschacht echt mal üben. Nicht, dass ich mit einem Prisma bessere Ergebnisse hin bekommen würde! ;-)


Die Stele mit Gesicht vor der Burg ist dann wieder bei weiter abgeblendeter Blende entstanden und direkt ist die Nervosität des Bokehs nicht mehr ganz so ausgeprägt. (f/8, 1/125s.) Ich habe den Eindruck, das Objektiv eignet sich tatsächlich am Besten für weiter geschlossene Blenden. Das altmodische Design mit nur drei Linsen in drei Gruppen hat schon einen sehr heftigen Retro-Effekt. Das heißt nicht, dass man nicht interessante Bilder damit machen kann; im Gegenteil. Man muss sich nur eben drauf einlassen und etwas üben, was in der schnelllebigen Zeit und vor allem auf teurem Film nicht ganz so einfach ist. ;-)

Vor der Burg stehen ja auch noch andere Kunstwerke, zum Beispiel diese alt bekannten Metalltypen. (1/125s, f/8.) In diesem Bild habe ich sie extra mal hintereinander und vor dem Fahrradständer positioniert, um genau den Bereich abzuschätzen, in dem man brauchbare Schärfe erhält. Fokussiert habe ich dabei natürlich auf den vordersten Metalltypen. Der hintere ist schon nicht mehr 100% scharf, aber auf einem normalen Abzug würde das noch kaum auffallen. Erst die hintersten Fahrradständerringe sind wirklich richtig unscharf. Vom Motiv her: Auch ganz witzig, aber ich hatte mir etwas mehr erhofft.


Die Typen aus Stein um die Ecke sind hingegen viel besser geworden, weil die Sonne sie gerade voll angeleuchtet hat, während dahinter nur schattiger Wald und dessen Unterholz liegt. (1/125s, f/8.) Klasse Bild, das mir sehr gut gefällt. Selbst im Schatten ist noch viel Struktur zu erkennen. Die Stele selber ist richtig scharf, vielleicht sogar schon überscharf. Der Schatten jedes einzelnen Grashalms kommt plastisch heraus. Gutes Bild, bei dem man erkennen kann, was diese billige kleine Kamera unter den richtigen Voraussetzungen zu leisten vermag!

Jetzt noch ein Gegenlichttest: Ein Birken-Ast, der aus dem alten Gemäuer hinter der Burg heraus wächst. (1/175s, f/16.) Hauptsächlich wollte ich mal sehen, was passiert, wenn man tatsächlich auf minimale Blende abblendet. Tatsächlich sind die Blätter nicht so scharf, wie man erwarten würde. Zuerst habe ich gedacht, ich hätte den Fokus nicht genau getroffen, aber bei der Blende sollte das keinen Unterschied mehr machen, wo ich hin fokussiere. Daraus entnehme ich, dass die Schärfe schon deutlich nachlässt, wenn man so weit abblendet. Stichwort Diffraktion und so. Ich schätze, von den Bildern her, die ich gemacht habe, dass die beste Schärfe tatsächlich bei f/8 liegt.

Von hier aus bin ich dann in die Stadt runter gegangen und dabei an der Schule vorbei gekommen, die hier steht, die mit einigen Graffiti verziert ist. (1/175s, f/8.) Schönes Bild, das uns aber leider nicht viel Neues über Kamera und Objektiv erzählen kann: Kaum Verzerrung an den Ecken, vielleicht ein kleines Bisschen Pincushion; schöner Kontrast; extrem scharf in der Mitte und noch immer sehr scharf zu den Ecken hin. Die Kamera kann was! Was man ihr eigentlich nicht zutraut.


Am Beginn der Fußgängerzone stehen dann die Scheiben, die als Wasser-Kunstinstallation ein bisschen Kultur nach Troisdorf bringen. (1/125s, f/16.) Noch ein Test bei vollständig geschlossener Blende. Hier scheint mir die Schärfe besser zu sein, was vielleicht auch daran liegen mag, dass ich nicht direkt in die Sonne fotografiert habe. Hochkant ist mit Lichtschacht auch nicht einfach, ich bin erstaunt, dass ich das so gerade hin bekommen habe. Die Schatten auf dem Boden kommen extrem schön rüber. Auch eines der besseren Bilder auf dieser Rolle!

Das magenta Motorrad konnte ich auch nicht einfach so am Rande stehen lassen und musste ein Bild mitnehmen. (1/125s, f/6,7.) Im Schatten konnte ich die Blende endlich wieder etwas öffnen. Praktisch, dass das Objektiv auch halbe Blendenstufen kann, das war hier ganz hilfreich, wollte ich doch einen möglichst weiten Bereich verwenden, damit ich am Ende auch wirklich sagen kann: Ja, ich hab alles mögliche getestet. Gut, bei dem vielen Licht sind langsame Zeiten erstmal nicht drin gewesen, aber dafür war ich mit dem zweiten Teil des Films ja im Siebengebirge im Wald, da war es schattig. Siehe nächsten Teil! ;-)

Die Kugeln im Wasser sind ja eine weiter Kunstinstallation in der Fußgängerzone. (1/125s, f/9,5.) Dieses Bild gefällt mir auch ziemlich gut, besonders die Highlights in der Kugel. Schärfe im Vordergrund ist wieder sehr schön, aber der Hintergrund ist mir etwas zu scharf. Die halbe Blende, die ich da noch an Spielraum gehabt hätte, hätte aber sicherlich keinen großen Unterschied gemacht. So ist es, was es ist: Durch und durch scharf, was mir insgesamt tatsächlich sehr gut gefällt, im Gegensatz zu dem, was ich am Anfang gesagt habe. Man muss ja nicht immer das Mega-Bokeh haben! ;-)


Als ich den Hund fotografiert habe, kamen ein paar kleine Mädchen und sammelten den ein und guckten mich schon so seltsam an, was ich da wohl machen würde; siehe sandalenbewehrten Fuß am rechten Rans. ;-) (1/125s, f/8.) Niedlicher kleiner Köter, der durch die plötzliche Kopfbewegung leider etwas unscharf geworden ist. Trotzdem ganz witziges Bild.

Ansonsten müssen die Mädchen gedacht haben, der alte Perversling mit der Kamera würde sie verfolgen, aber ganz ehrlich, was weiß ich, dass die in dem Haus mit der hübschen Bank wohnen?! ;-) (1/60s, f/11.) Weil ich dann doch mal wissen wollte, ob die langsameren Zeiten auch gehen, habe ich hier mal mit 1/60s experimentiert. Scheint zu funktionieren. Außerdem hat mir das die Gelegenheit gegeben, die ganze Bank in all ihrer Verziertheit scharf zu bekommen und außerdem auch alles andere, was im Bildausschnitt zu sehen ist. Frage mich allerdings, was die mit der Kette da machen? Den mega-gefährlichen Hund anketten? Oder den Opa?! :-D ;-)


Danach ncoh ein kleiner Abstecher zurück in die Innenstadt, wo ich die anderen nassen Glasscheiben fotografiert habe. (1/175s, f/8.) Auch hier ist praktisch wieder alles im Fokus. Eigentlich ganz passend für so eine Straßen-Stadt-Szene. Allerdings fühle ich mich bei so viel Schärfe ja immer etwas abgelenkt. Aber so ist das bei dieser Kombination von Objektiv und Kamera halt: Schneller geht halt nicht, wenn es so hell ist! ;-) Aber ohne die Helligkeit wären die Bilder wahrscheinlich auch nicht so kräftig kontrastreich!

Eigentlich war ich ja noch auf dem Weg zur Kirche um die Ecke, aber ein Blick auf die Uhr sagte mir dann: Es ist Zeit zum Krankenhaus zurück zu gehen und dort die Mutter einzusammeln. Auf dem Weg noch eben ein Foto von der Kunst im Vorgarten neben dem Haupteingang gemacht. (1/125s, f/11.) Bin mir nicht sicher, aber ich glaube das ist tatsächlich das beste Bild von diesem Tag. Viel mehr muss ich glaube ich nicht sagen. Gefällt mir richtig, richtig gut.

Vorläufiges Fazit: Wenn man Sunny 16 kann, oder zumindest eine passende Handyapp, die einem die passenden Belichtungszeiten anzeigen kann, kann man sehr viel Spaß mit dieser kleinen Kamera haben, die einen zum kreativen Denken herausfordert. Bei den Belichtungszeiten ist man zwar sehr eingeschränkt, aber dafür gibt es ein sehr interessantes Objektiv.

Nächstes Mal, wie bereits angedeutet: Das Siebengebirge! Leider gab es da ein paar Filmtransport-Probleme, denn der Foma ist in seiner Patrone offenbar etwas stramm gewickelt gewesen und die Nüppel an der Transportwelle sind schon etwas abgenudelt. Egal, Bilder gab es trotzdem welche.

Trackbacks

Keine Trackbacks

Kommentare

Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt

Noch keine Kommentare

Kommentar schreiben

Umschließende Sterne heben ein Wort hervor (*wort*), per _wort_ kann ein Wort unterstrichen werden.
Standard-Text Smilies wie :-) und ;-) werden zu Bildern konvertiert.

Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

Formular-Optionen

Kommentare werden erst nach redaktioneller Prüfung freigeschaltet!