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зени́т

Jajaja, ich soll nicht immer alten Scheiß bei Ebay kaufen. Aber wie soll ich dann ein Feeling für die Welt der Fotografie im ehemaligen Ostblock bekommen? Deswegen habe ich günstig eine alte Zenit ET erstanden, komplett mit dem berühmt-berüchtigten (dazugehörigen) Helios 44-2. Die Sowjets waren offenbar der Meinung, dass Normalobjektive 58mm Brennweite haben. Übrigens eine Meinung, die noch auf die Firma Zeiss zurück geht, von der dieses Objektiv-Design am Ende des zweiten Weltkrieges als Wiedergutmachung mitgenommen wurde. Oder hat man damals unter sozialistischen Bruderstaaten solche Entwicklungen einfach hin und her geschoben? Ich hab da nicht gelebt, das muss mir mal ein Historiker aufdröseln. Was ich weiß ist, dass die Nachfolgestaaten der UDSSR es auch heute noch nicht sooo genau mit dem Copyright nehmen...

Aber ich bin mal wieder vom Thema abgekommen: Der Body dieser voll analogen Kamera ist gebaut wie ein Panzer. Oder zumindest so, als könnte man mit einem Panzer drüber fahren und nachher noch immer Fotos machen. Das Objektiv würde das zwar wahrscheinlich nicht aushalten, aber der Rest der Kamera macht einen Eindruck, als würde man einen kleinen Barren Blei mit sich rum schleppen. Build Quality 1a!


Etwas ungewöhnlich für die Gegenwart: Der Verschluss ist aus Stoff und läuft seitlich ab. Aber damals war das wohl nichts Ungewöhnliches. Deswegen macht sie - wenn man vom Klappgeräusch des Spiegels absieht - relativ wenig Lärm beim Auslösen. Außerdem hat sie einen eingebauten Belichtungsmesser, der aber auch extrem simpel gestrickt ist: Oberhalb des Objektivs befindet sich eine Photozelle aus (wahrscheinlich) Selen, die eine kleine Nadel oben am Gehäuse ausschlagen lässt. Dann kann man, wenn man die richtigen Filmwerte am inneren Drehknöpfchen eingestellt hat, am äußeren so lange schrauben, bis der kleine runde Anzeiger diese Nadel überdeckt und dann die passenden Blenden/Belichtungszeit-Kombinationen ablesen. Simpel und praktisch unkaputtbar. Man braucht keine Batterien, das funktioniert alles ganz von selbst.


Wie man sehen kann, ist das zugehörige Helios 44-2 leider leicht ölig auf den Blendenlamellen. Aber nichts, was die Funktionstüchtigkeit in irgend einer Form einschränken würde. Was allerdings gewöhnungsbedürftig ist: Das Objektiv hat gar keinen Blendenring im eigentlichen Sinne. Stattdessen befindet sich ganz vorne (also da, wo man eigentlich intuitiv scharf stellen würde) nur ein Vorauswahl-Ring ohne Klicks, der die Blende kontrolliert, und das auch noch irgendwie "falschrum": Wenn man den Punkt auf 16 dreh, ist die Blende offen, wenn man ihn auf 2 dreh, ist sie maximal geschlossen. Der Sinn dahinter ist mir nicht ganz eingängig. Manches Internet behauptet ja, dass das was mit der Blendenvorauswahl für Automatik-Bodies zu tun hätte, aber bräuchte man dann nicht trotzdem noch einen "richtigen" Blendenring? Egal. Man kann ja sehen, wie weit die Blende geschlossen ist, muss man ja nur rein gucken. Und in Blendenschritten zählen kann ich im Schlaf. (2 - 2,8 - 4 - 5,6 - 8 - 11 - 16 - ist ja jetzt nicht so schwierig, oder?) ;-)

(EDIT 13.6.2020: Nach längerer Benutzung habe ich herausgefunden, dass das Objektiv sehr wohl einen "echten" Blendenring hat, nämlich ganz vorne, der mit den Blendenzahlen drauf. Dieser ist nur - wahrscheinlich durch jahrelange Nichtnutzung - so steif geworden, dass ich da schon eine gewisse Kraft aufwenden musste, um ihn zu bewegen. Danach ging es dann langsam etwas besser, aber ich glaube, das Ganze müsste mal gefettet werden. Ist aber auch völlig egal, das Objektiv lässt sich ja genau so gut über den Blendenvorauswahlring bedienen.)

Jedenfalls war dieses Objektiv ja auch der eigentliche Grund, weshalb ich dieses Angebot genommen habe: Das Helios 44 ist ja bekannt für sein besonderes Bokeh, bei dem bei offener Blende an den Rändern und in den Ecken keine runden Unschärfen entstehen sondern länglich verdrehte, was teilweise ganz witzige Effekte macht. Habe dann jetzt nur festgestellt, dass die M42-Adapter, die ich habe, so "kurz" sind, bzw das Objektiv nach hinten raus beim Einstellen auf Unendlich so lang wird, dass es an der Korrekturlinse anstößt. Möööp! Ich mein, man kann trotzdem Fotos machen, man kommt halt nur nicht bis Unendlich. Hier mal vier ganz schnelle Schnappschüsse im Garten:



Wie immer bei Fotos mit manuellen Objektiven gilt, dass die Unschärfe hauptsächlich auf mich, meine Blindheit und die billige Adapterlinse zurückzuführen ist. ;-) Die Bilder sind jetzt für den Effekt, den man damit erzielen kann, auch nicht unbedingt die besten Beispiele, aber man kann an den Rändern schon erahnen, wo das hin führen würde, wenn ich die richtige Entfernung zwischen Vorder- und Hintergrund gefunden hätte. (Da das Objektiv bis auf 50cm runter fokussiert, ist es für Blumenbilder übrigens echt gut geeignet, habe ich den Eindruck.)

Tja, hm, muss ich mir adaptermäßig jedenfalls mal was anderes überlegen. Gibt ja vielleicht noch andere Möglichkeiten. Ist jetzt aber auch nicht so schlimm, denn ich werde das Teil jetzt erst mal weiterhin auf dem dafür gedachten Body ausprobieren. Dafür habe ich direkt einen von den guten tschechischen Filmen in die Zenit eingelegt. Freut euch also demnächst mal wieder auf ein paar schwarzweiß-Bilder.

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