Praktica F.X2 mit Carl Zeiss Jena Tessar 2.8/50
Ich hatte ja echt gehofft, dass das Wetter noch mal besser würde und ich ein paar hübschere Beauty Shots machen könnte als im Büro auf dem Stuhl bei viel zu wenig Licht. Bei der Menge, die ich fotografiere, sollte ich mir vielleicht mal ein Fotostudio einrichten oder zumindest eine Rolle von diesem praktischen Stoff kaufen, um die alten Photographica mal besser präsentieren zu können.
Aber das ist ein anderes Thema. Heute wollte ich lieber über diese sehr alte und sehr mitgenommene Praktica F.X2 reden, die ich mal wieder in einem der üblichen Überraschungspakete bekommen habe, das ich über die große, böse Internet-Auktionsplattform für vergleichsweise sehr wenig Geld erstanden habe. War einfach viel zu billig, was da insgesamt alles in dem Paket drin war. Denn diese Kamera ist eigentlich gar nicht das Objekt meiner Begierde gewesen, sie ist eigentlich nur Beifang. Da sie sich aber als mehr oder minder sofort bereit zum Einsatz erwies, habe ich sie mal vorgezogen. Die anderen Teile in dem Paket bedürfen etwas mehr Liebe, bevor sie wieder gehen.
Es spricht auf jeden Fall für die Qualität, die Anfang/Mitte der 1950er Jahre produziert wurde, dass ich nicht groß was machen musste außer den Stoffvorhang etwas lichtdichter zu bekommen. Dafür habe ich die von anderen Kameras bereits bewährte Flüssiglatex-Methode angewandt; ich bin da ja mittlerweile schon geübt darin, das Zeug so dünn und tropfenfrei wie möglich zu verteilen.
Bei der Kamera war - wie man auf dem Foto sehen kann - ein Tessar 50mm f/2,8 dabei. Lichtstark genug und die Tessars haben ja eh einen guten Ruf, der bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts zurück reicht. Ich nehme nicht an, dass diese spezielle Version irgendeine Art von Beschichtung aufweist - auch wenn es in der Anleitung, die man sich wie immer aus den üblichen Quellen herunterladen kann, so steht -, bei Gegenlicht-Fotos muss ich also etwas vorsichtiger sein. (Als ob! ) Was hingegen fehlt ist der Prisma-Aufsatz für den Lichtschacht. Ich weiß nicht, ob das damals als Zubehör verkauft wurde, oder ob der fester Bestandteil des Lieferumfangs war. Die Betriebsanleitung, ließt sich eigentlich so, als wäre er immer mit dabei gewesen. Aber der Lichtschacht-Sucher tut es ja auch, vor allem mit der Vergrößerungslinse. Muss ich halt ein bisschen mehr fummeln und Geduld beweisen.
Die Schmierung im Schneckengang des Fokusrings ist leider etwas eingetrocknet, deshalb muss man schon etwas mehr Kraft auf aufwenden, als mir im Allgemeinen lieb wäre. Aber dafür ist die Blende nicht verölt, sodass ich da schon mal nicht eingreifen brauchte. Selbst der Automatik-Pin und die dazugehörige Feder scheinen einigermaßen zu funktionieren, Genaueres werde ich herausfinden, wenn der Film, den ich eingelegt habe, entwickelt ist.
Die Kamera bietet relativ schnelle Belichtungszeiten bis 1/500s, was zur damaligen Zeit nicht selbstverständlich war. Der seitlich laufende Stoffvorhang scheint damals solche Zeiten im Amateur-Bereich möglich gemacht zu haben. Die Zeiten einzustellen, ist ein wenig komplizierter als normalerweise: Mit dem kleinen Pfeil oben auf dem Wählrad kann man kurze oder lange Zeiten vorwählen; steht er auf der schwarzen Markierung (links), so gelten die kurzen Zeiten auf dem Wählrad, steht er auf der roten, sind es die langen. Kurz heißt dabei: 1/25-1/500s (oder B/Bulb oder Blitzbetrieb, der - wenn ich das richtig im Kopf habe - mit 1/40s synchronisiert ist), lang sind 1/2, 1/5 oder 1/10s wählbar. Wahrscheinlich wird hier dem "Uhrwerk" durch das Umstellen einfach noch eine weitere Hemmung hinzugefügt. Keine Ahnung, wie das genau geht, aber der Vorteil ist ganz klar, dass man viel mehr Zeiten zur Auswahl hat als zum Beispiel an meiner Zenit, die gut 30 Jahre neuer ist, so viel technische Spielerei aber nicht aufweist und deshalb langsamstenfalls 1/30s beherrscht.
Um die Zeiten einzustellen, muss man das Wählrad übrigens anheben. Da das etwas verkrustet war, habe ich das erst gemerkt, als ich schon länger gefummelt hatte und mich wunderte, dass nix geht. Dann aber laufen die Zeiten nach Gehör passend ab, was ich schon erstaunlich finde. Die Kamera wurde wahrscheinlich ewig irgendwo gelagert und überhaupt sieht sie sehr gut benutzt aus. Definitiv kein Vitrinenstück, so wie die Belederung abfleddert und ich den Dachboden-Staub erstmal aus allen Ritzen pulen musste, besonders aber aus dem Lichtschacht.
Die Linsen im Objektiv sehen ebenfalls klar aus und ohne Pilz, auch wenn das Metallgehäuse ziemlich verschrabbt ist. Interessant ist hier, dass man mit einem einfachen Dreh nach rechts die Blende auf offen drehen kann, wenn man dann aber loslässt, schnackt es wieder zurück auf die zuvor verwendete Blende. Die Automatik ist also eher eine Semiautomatik, die die Blende zwar auf den eingestellten wert herunter regeln kann, wenn der Auslöser betätigt wird, man aber selber wieder für ein helles Sucherbild sorgen muss. Umgekehrt hat man so aber auch direkt eine Tiefenschärfe-Vorschau. Um die Blende tatsächlich umzustellen, muss man den Ring etwas zur Kamera hin schieben und dann drehen. Faszinierende Technik, die ich so auch noch nicht kannte. (Sorry, wenn ich das jetzt wieder mit der sowjetischen Zenit vergleiche, aber es erinnert mich halt ein bisschen daran: Da kann man ja die gewünschte Blende einstellen und dann an einem zusätzlichen Ring auf offen drehen. Da ich regelmäßig vergesse, nach dem Scharfstellen und Wählen des Bildausschnitts diesen wieder zurück zu drehen, finde ich das Carl Zeiss Design irgendwie eleganter. Da hat man wenigstens keine total überbelichteten Bilder nachher.)
Beim Einlegen des Films war sie übrigens etwas störrisch: Der Schlitz in der Spule ist relativ breit und so flutscht der Foma gerne beim Aufziehen wieder raus. Der ist nämlich auf Grund des modernen Polymer-Trägers sehr rutschig und merkt sich außerdem gerne die Aufwickelrichtung, in die er unbedingt wieder zurück will. Da es sich hier um eine "umgekehrte" Wicklung mit der empfindlichen Schicht nach außen handelt, wollte er erst beim dritten oder vierten Versuch überhaupt halten. Dadurch habe ich sicher ein ganzes Bild, wahrscheinlich noch mehr, auf dem Film verloren, weil ich bei offener Rückwand schauen musste, dass da kein Blödsinn passiert und alles richtig gewickelt ist. Auch hier werde ich erst nach der Entwicklung sehen, was wirklich abgeht.
Von Vorteil ist, dass es sich um eine M42-Kamera handelt, ich also meine vorhandenen M42-Objektive verwenden kann. Da bin ich auch mal auf das Ergebnis gespannt. Bisher habe ich nur drei Bilder mit dem Tessar gemacht, danach wurde das Wetter so unglaublich schlecht, dass sich weitere Experimente nicht gelohnt haben. Bei den dreien bin ich auch sehr gespannt, wie die denn wohl von der Belichtung her geworden sind, denn ich habe nur mein Handy als Belichtungsmesser missbraucht. (Es handelt sich um eine vollkommen manuelle Kamera, falls das noch nicht klar gewesen sein sollte. An in das Gehäuse integrierte Belichtungsmesser dachte in den '50ern noch keiner! Oder wenn, dann waren sie doch noch ein paar Jahre in der Zukunft.)
Ach ja, und eine Besonderheit noch: Der Spiegel schwingt nach der Auslösung nicht automatisch zurück, sondern wird mit dem Verschluss wieder aufgezogen. Hat den Vorteil, dass man sofort merkt, dass man sich gar nicht mit Fokussieren oder Motivwahl beschäftigen muss, wenn man eh nicht auslösen kann. Was aber auch ein Nachteil sein kann. Gespannt wird übrigens über einen Drehknopf, nicht über einen Hebel. Das war damals auch noch relativ weit verbreitet, also nicht so besonders.
Fazit: Insgesamt kann man schon behaupten, dass das damals sowas wie Cutting Edge Technology war: Spiegelreflex, M42 mit Auto-Objektiv-Unterstützung, schnelle Verschlusszeiten. War damals nicht üblich. In welches Marktsegment die Kamera damals tatsächlich fiel, kann ich schlecht einschätzen; sie war aber sicher für den gehobenen Anspruch des geneigten Hobbyfotografen geeignet. Wenn sie so funktioniert, wie es zZt scheint, ist sie das sogar heute noch. Bin gespannt auf die Bilder und wieviel Licht die Rückwand wohl rein lässt! Bei alten Kameras muss man ja immer auf Überraschungen gefasst sein!
Aber das ist ein anderes Thema. Heute wollte ich lieber über diese sehr alte und sehr mitgenommene Praktica F.X2 reden, die ich mal wieder in einem der üblichen Überraschungspakete bekommen habe, das ich über die große, böse Internet-Auktionsplattform für vergleichsweise sehr wenig Geld erstanden habe. War einfach viel zu billig, was da insgesamt alles in dem Paket drin war. Denn diese Kamera ist eigentlich gar nicht das Objekt meiner Begierde gewesen, sie ist eigentlich nur Beifang. Da sie sich aber als mehr oder minder sofort bereit zum Einsatz erwies, habe ich sie mal vorgezogen. Die anderen Teile in dem Paket bedürfen etwas mehr Liebe, bevor sie wieder gehen.
Es spricht auf jeden Fall für die Qualität, die Anfang/Mitte der 1950er Jahre produziert wurde, dass ich nicht groß was machen musste außer den Stoffvorhang etwas lichtdichter zu bekommen. Dafür habe ich die von anderen Kameras bereits bewährte Flüssiglatex-Methode angewandt; ich bin da ja mittlerweile schon geübt darin, das Zeug so dünn und tropfenfrei wie möglich zu verteilen.
Bei der Kamera war - wie man auf dem Foto sehen kann - ein Tessar 50mm f/2,8 dabei. Lichtstark genug und die Tessars haben ja eh einen guten Ruf, der bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts zurück reicht. Ich nehme nicht an, dass diese spezielle Version irgendeine Art von Beschichtung aufweist - auch wenn es in der Anleitung, die man sich wie immer aus den üblichen Quellen herunterladen kann, so steht -, bei Gegenlicht-Fotos muss ich also etwas vorsichtiger sein. (Als ob! ) Was hingegen fehlt ist der Prisma-Aufsatz für den Lichtschacht. Ich weiß nicht, ob das damals als Zubehör verkauft wurde, oder ob der fester Bestandteil des Lieferumfangs war. Die Betriebsanleitung, ließt sich eigentlich so, als wäre er immer mit dabei gewesen. Aber der Lichtschacht-Sucher tut es ja auch, vor allem mit der Vergrößerungslinse. Muss ich halt ein bisschen mehr fummeln und Geduld beweisen.
Die Schmierung im Schneckengang des Fokusrings ist leider etwas eingetrocknet, deshalb muss man schon etwas mehr Kraft auf aufwenden, als mir im Allgemeinen lieb wäre. Aber dafür ist die Blende nicht verölt, sodass ich da schon mal nicht eingreifen brauchte. Selbst der Automatik-Pin und die dazugehörige Feder scheinen einigermaßen zu funktionieren, Genaueres werde ich herausfinden, wenn der Film, den ich eingelegt habe, entwickelt ist.
Die Kamera bietet relativ schnelle Belichtungszeiten bis 1/500s, was zur damaligen Zeit nicht selbstverständlich war. Der seitlich laufende Stoffvorhang scheint damals solche Zeiten im Amateur-Bereich möglich gemacht zu haben. Die Zeiten einzustellen, ist ein wenig komplizierter als normalerweise: Mit dem kleinen Pfeil oben auf dem Wählrad kann man kurze oder lange Zeiten vorwählen; steht er auf der schwarzen Markierung (links), so gelten die kurzen Zeiten auf dem Wählrad, steht er auf der roten, sind es die langen. Kurz heißt dabei: 1/25-1/500s (oder B/Bulb oder Blitzbetrieb, der - wenn ich das richtig im Kopf habe - mit 1/40s synchronisiert ist), lang sind 1/2, 1/5 oder 1/10s wählbar. Wahrscheinlich wird hier dem "Uhrwerk" durch das Umstellen einfach noch eine weitere Hemmung hinzugefügt. Keine Ahnung, wie das genau geht, aber der Vorteil ist ganz klar, dass man viel mehr Zeiten zur Auswahl hat als zum Beispiel an meiner Zenit, die gut 30 Jahre neuer ist, so viel technische Spielerei aber nicht aufweist und deshalb langsamstenfalls 1/30s beherrscht.
Um die Zeiten einzustellen, muss man das Wählrad übrigens anheben. Da das etwas verkrustet war, habe ich das erst gemerkt, als ich schon länger gefummelt hatte und mich wunderte, dass nix geht. Dann aber laufen die Zeiten nach Gehör passend ab, was ich schon erstaunlich finde. Die Kamera wurde wahrscheinlich ewig irgendwo gelagert und überhaupt sieht sie sehr gut benutzt aus. Definitiv kein Vitrinenstück, so wie die Belederung abfleddert und ich den Dachboden-Staub erstmal aus allen Ritzen pulen musste, besonders aber aus dem Lichtschacht.
Die Linsen im Objektiv sehen ebenfalls klar aus und ohne Pilz, auch wenn das Metallgehäuse ziemlich verschrabbt ist. Interessant ist hier, dass man mit einem einfachen Dreh nach rechts die Blende auf offen drehen kann, wenn man dann aber loslässt, schnackt es wieder zurück auf die zuvor verwendete Blende. Die Automatik ist also eher eine Semiautomatik, die die Blende zwar auf den eingestellten wert herunter regeln kann, wenn der Auslöser betätigt wird, man aber selber wieder für ein helles Sucherbild sorgen muss. Umgekehrt hat man so aber auch direkt eine Tiefenschärfe-Vorschau. Um die Blende tatsächlich umzustellen, muss man den Ring etwas zur Kamera hin schieben und dann drehen. Faszinierende Technik, die ich so auch noch nicht kannte. (Sorry, wenn ich das jetzt wieder mit der sowjetischen Zenit vergleiche, aber es erinnert mich halt ein bisschen daran: Da kann man ja die gewünschte Blende einstellen und dann an einem zusätzlichen Ring auf offen drehen. Da ich regelmäßig vergesse, nach dem Scharfstellen und Wählen des Bildausschnitts diesen wieder zurück zu drehen, finde ich das Carl Zeiss Design irgendwie eleganter. Da hat man wenigstens keine total überbelichteten Bilder nachher.)
Beim Einlegen des Films war sie übrigens etwas störrisch: Der Schlitz in der Spule ist relativ breit und so flutscht der Foma gerne beim Aufziehen wieder raus. Der ist nämlich auf Grund des modernen Polymer-Trägers sehr rutschig und merkt sich außerdem gerne die Aufwickelrichtung, in die er unbedingt wieder zurück will. Da es sich hier um eine "umgekehrte" Wicklung mit der empfindlichen Schicht nach außen handelt, wollte er erst beim dritten oder vierten Versuch überhaupt halten. Dadurch habe ich sicher ein ganzes Bild, wahrscheinlich noch mehr, auf dem Film verloren, weil ich bei offener Rückwand schauen musste, dass da kein Blödsinn passiert und alles richtig gewickelt ist. Auch hier werde ich erst nach der Entwicklung sehen, was wirklich abgeht.
Von Vorteil ist, dass es sich um eine M42-Kamera handelt, ich also meine vorhandenen M42-Objektive verwenden kann. Da bin ich auch mal auf das Ergebnis gespannt. Bisher habe ich nur drei Bilder mit dem Tessar gemacht, danach wurde das Wetter so unglaublich schlecht, dass sich weitere Experimente nicht gelohnt haben. Bei den dreien bin ich auch sehr gespannt, wie die denn wohl von der Belichtung her geworden sind, denn ich habe nur mein Handy als Belichtungsmesser missbraucht. (Es handelt sich um eine vollkommen manuelle Kamera, falls das noch nicht klar gewesen sein sollte. An in das Gehäuse integrierte Belichtungsmesser dachte in den '50ern noch keiner! Oder wenn, dann waren sie doch noch ein paar Jahre in der Zukunft.)
Ach ja, und eine Besonderheit noch: Der Spiegel schwingt nach der Auslösung nicht automatisch zurück, sondern wird mit dem Verschluss wieder aufgezogen. Hat den Vorteil, dass man sofort merkt, dass man sich gar nicht mit Fokussieren oder Motivwahl beschäftigen muss, wenn man eh nicht auslösen kann. Was aber auch ein Nachteil sein kann. Gespannt wird übrigens über einen Drehknopf, nicht über einen Hebel. Das war damals auch noch relativ weit verbreitet, also nicht so besonders.
Fazit: Insgesamt kann man schon behaupten, dass das damals sowas wie Cutting Edge Technology war: Spiegelreflex, M42 mit Auto-Objektiv-Unterstützung, schnelle Verschlusszeiten. War damals nicht üblich. In welches Marktsegment die Kamera damals tatsächlich fiel, kann ich schlecht einschätzen; sie war aber sicher für den gehobenen Anspruch des geneigten Hobbyfotografen geeignet. Wenn sie so funktioniert, wie es zZt scheint, ist sie das sogar heute noch. Bin gespannt auf die Bilder und wieviel Licht die Rückwand wohl rein lässt! Bei alten Kameras muss man ja immer auf Überraschungen gefasst sein!