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Agfamatic 2008 Sensor

Es regnet. Heftig. Ununterbrochen. Also, was tun? Noch eine Kamera vorstellen, die ich letzten Monat im Keller gefunden habe... ;-)

Deshalb heute ganz exklusiv: Eine Agfamatik 2008 in bestem Zustand. Naja, also, ich denke, dass sie im besten Zustand ist, denn ich habe sie noch nicht getestet, weil nämlich ein Film drin liegt, auf dem erst fünf Bilder belichtet sind. Seit wann der da drin liegt? Ich habe keine Ahnung! Wahrscheinlich seit Mitte der 1980er, als das Teil schätzungsweise aussortiert wurde. Da in diesen Teilen aber relativ wenig verbaut ist, was kaputt gehen kann, nehme ich an, dass sie funktioniert. Wenn ich den Auslöser drücke, macht es jedenfalls "schnapp" - Ups, jetzt sind 6 Bilder auf dem Film! ;-) - und wenn ich sie zusammen schiebe, wird der Film auch brav weiter transportiert. Der Schalter für die Umschaltung zwischen normal und "tele" funktioniert auch, also zumindest im Sucher.


"Aber was ist das überhaupt für ein... DING?" Das fragen sich jetzt vielleicht einige Menschen, die jünger sind als jemand, der in den 1970ern geboren wurde. Für mich waren diese Art von Kameras noch tagtäglich präsent. Meine erste Kamera war etwas ganz Ähnliches, nicht so teuer und nicht so "professionell" (hust), aber doch ganz änhlich. Im Prinzip waren das die Kompaktkameras der 1970er.

Das Design geht allerdings schon weiter zurück, bis in die 1960er. Damals kam man auf die glorreiche Idee, für den Amateur- und Schnappschuss-Markt eine neue Art von Film zu entwickeln: 110. Dabei handelt es sich im Prinzip im 16mm Film mit Papierrücken, der in einer Plastik-Kassette steckt. Damit spart man sich das langwierige Fummeln beim Einlegen eines 35mm-Films in eine "normale" Kamera. Damals gab es noch keine automatische Einfädelung, da musste man den Film tatsächlich noch in die Aufnahmespule einfädeln. Da waren diese Kassetten schon echt praktisch. Gut, auf dem 16mm Film waren die Bilder nachher schon extrem körnig, wenn man damit auch nur Abzüge normaler Größe gemacht hat, aber für mich als Kind am Anfang der 1980er war das trotzdem das perfekte System: Film rein, /*ratsch-ratsch/* zum ersten Bild vor gespult, Zielen, Auslösen, fertig. Ich weiß gar nicht, wo die Fotos von damals hin sind.

Als dann die ersten Kompaktkameras mit automatischer Einfädelhilfe raus kamen, ging es mit diesen 110er Kameras ziemlich schnell bergab. Die 135 Filme waren immer billiger, hatten mehr Auflösung und hatten auch einfach mehr Prestige! Die kleinen ratsch-ratsch-Kameras landeten in einer Kiste oder im Müll und wurden vergessen. Dabei waren die gar nicht mal sooo billig. Die 2008 zB kam laut Internet 1975 raus (ist also genau so alt wie ich, nur besser gealtert ;-)) und kostete 105 Mark. Das klingt jetzt erst mal nicht nach viel, was sind heutzutage noch 50 Euro? Ein Wochen-Einkauf im Discounter. Aber mit Inflation ist das schon gut das Dreifache an Kaufkraft, und für 150 Euro würde man heute definitiv schon etwas Besseres bekommen als nur eine kleine Standard-Digital-Knipse (evtl. mit Handy drumherum ;-)).


Technisch ist das Teil jetzt auch nicht sooo der Bringer: mit einem f/9,5 26mm Festbrennweiten-Objektiv ist es nicht besonders Lichtstark. Keine Ahnung, wie der Tele-Schiebeschalters die Vergrößerung verändert, aber meinem Gefühl nach verdoppelt sich ungefähr die Brennweite. (Beachten: 16mm-Fotos belegen ungefähr ein Viertel dessen, was ein 35mm Bild ausmacht. Wenn man also die Brennweite ungefähr mal zwei nimmt, kriegt man ein ungefähres Gefühl für die äquivalente Kleinbild-Brennweite.)

Zudem gibt es zwei Belichtungszeiten: 1/50s für "schlechtes Wetter" und 1/100s für "gutes Wetter". Hrmpf. Naja, passt halt irgendwie zu der Blendenöffnung - die sich übrigens gar nicht ändern lässt. Man kann halt irgendwie Fotos damit machen. Wie die dann nachher aussehen, hängt schwer vom verwendeten Filmmaterial und dem Umgebungslicht ab. Deswegen gibt es wahrscheinlich auch einen passenden elektronischen Blitz in der Kiste, den ich aber demnächst separat vorstelle, weil ich den erst mal reinigen und testen musste.

Was fasziniert mich also so an dieser Kamera, oder überhaupt an dieser Art von Kameras? Zum einen natürlich die Nostalgie. Aber andererseits ist das Design auch ziemlich zeitlos. Die Verarbeitung war damals auch noch eine ganz andere: Obwohl es sich nun wirklich um ein Einsteiger-Modell handelt, fühlt es sich wertig und zuverlässig an, sobald man es in die Hand nimmt. Ja, da ist einiges an Plastik dran, aber zugleich gibt es auch viel Metall und alleine, dass der Filmtransportmechanismus nach 45+ Jahren überhaupt noch funktioniert, ist schon sehr verwunderlich. Heutzutage würde sowas gerade bis zum Ende der Garantie halten, weil danach eh was Neues angeschafft wird. Weil die Technik so schnell fortschreitet und man ja eh immer das aller-aller-Neueste haben will/muss/kann. Das waren damals tatsächlich noch andere Zeiten, als selbst die Schappschuss-Kamera noch darauf ausgelegt war, ein Leben lang zu halten.

Ich bin jedenfalls mal sehr gespannt. Ich werde den Film jetzt mal voll machen und in die Entwicklung geben. Obwohl ich kaum Hoffnung habe, dass da noch Bilder bei raus kommen. Aber ich lasse mich gerne überraschen! ;-) Ansonsten gibt es auch wieder 110er Filme zu kaufen. 24 Farb-Bilder, ISO 200 für 7 Euro. Oder s/w ISO 100 für den gleichen Preis. Ist jetzt vielleicht was teurer, aber einfach, um dieses alte Feeling aus der Kindheit noch mal zu haben, das vielleicht tatsächlich einmalig auch wert. Oder ich kaufe mir doch mal so eine praktische Schneidemaschine für 120 Film, damit ich meine 127-Spulen mal selber neu bestücken kann. Da bleiben ja 16mm Abfall über, wenn man die wieder in die Kassette rein bekommen würde... ;-)