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Kentmere vs. Ilford Delta (bei schlechten Lichtverhältnissen)

Nachdem ich am Sonntag die drei Filme entwickelt habe - Kentmere 400, Ilford Delta 3200 und Kentmere 400 @1600 - und diese zeitlich und von den verwendeten Chemikalien (Ilford Microphen Stock, Adofix Plus) her praktisch gleich sind, insbesondere bei der gleichen Temperatur von ziemlich genau 20°, denke ich, es ist eine gute Idee, die mal untereinander zu vergleichen. Ich habe mir dafür drei Kategorien ausgesucht: Schärfe, Korn und Verhalten in sehr dunklen Bereichen. Diese Kategorien vergleiche ich anhand von drei Bildern auf diesen Filmen, die ich draußen bei schlechten Lichtverhältnissen geschossen habe - der K400 wurde an einem sehr bedeckten Tag verschossen, der D3200 am späten Abend und der K400@1600 früh morgens im Nebel. Die drei mal drei Ausschnitte sind unten in genau dieser Reihenfolge ausgestellt.

Am Ende habe ich noch Ausschnitte aus zwei Indoor-Portrait-Fotos eingebaut, um ein Vergleich von Hauttönen zu bekommen. Das ist vielleicht interessant für Leute, die gerne mit vorhandenem Licht und ohne Blitz bei Veranstaltungen Personen fotografieren möchten. Die Personen auf diesen Bildern sind natürlich nicht zu erkennen, weil: Persönlichkeitsrechte.

Alle Negative wurden mit meinem Epson Perfection V500 Photo bei 6400dpi mit dem normalen mitgelieferten Treiber und der zugehörigen Steuerungs-Oberfläche gescannt; die kompletten Bilder, aus denen ich diese Ausschnitte genommen habe, sind 9000x6000 Pixel groß. Dies ist also zusätzlich noch ein Test des Auflösungsvermögens und der allgemeinen Leistung dieses Scanners. Alle Bilder wurden mit einem Gamma von 1.00 gescannt und bei vollem Graustufenumfang, die Farbtiefe betrug 16 Bit. Danach habe ich die Bilder mit GIMP so bearbeitet, dass die Kurven einigermaßen brauchbar aussahen, was an meinem unkalibrierten Monitor natürlich nicht unbedingt Sinn machen muss.

Was mir beim Scannen direkt aufgefallen ist: Der K400@1600 ist von der Dynamik her sehr viel komprimierter, das Histogramm ist stärker gestaucht als bei den anderen beiden Filmen. Das ist bei Push-Entwicklung allerdings auch zu erwarten. Trotzdem sehen die Kurven noch immer sehr brauchbar aus und ich hatte keine Probleme, nach dem Scan einige der Bilder nochmals um gut eine Blendenstufe oder mehr aufzuhellen, ohne allzu viele Details zu verlieren - das habe ich bei den hier verwendeten Bildern allerdings nicht tun müssen, hier wurde von mir höchstens der Kontrast etwas erhöht, indem ich manuell die Histogramm-Kurve etwas S-förmiger manipuliert habe.

Schärfe:

Die erste Kategorie ist vielleicht schon direkt die unfairste. Denn während ich die Filme zwar alle in der gleichen Chemie entwickelt habe, habe ich nicht die gleichen Kameras und Objektive verwendet. Der K400 ist in der Nikon F50 mit einem Tamron 28-80 Zoom verschossen worden, das Bild vom D3200 mit meiner Nikon F601 und dem Nikkor 35mm und schließlich der K400@1600 mit der vergleichsweise modernen Minolta Dynax 5 meiner Frau und dem dazugehörigen Minolta AF 50mm. Letztere sollte schärfetechnisch wahrscheinlich den größten Vorteil haben. Andererseits sind alle drei Optiken gut genug, schärfer als die Körnung des Filmes abzubilden. Bei diesen eher hoch empfindlichen Filmen ist die ja doch sehr grob, besonders wenn man dann auch noch pusht.


Besonders spannend finde ich hier, dass von der Schärfe her kaum Unterschiede zwischen den Bildern zu sehen sind. Der ungepushte Kentmere hat glaube ich ein bisschen die Nase vorn. (Klar, ist ja auch die Hundenase auf dem Bild! :-D) Die Schrauben und der hell-dunkel-Übergang zwischen schwarz und weiß sind erstaunlich scharf, trotz der eher schlechten Optik, die ich hier verwendet habe. Auch die Flechten und Moose, die auf dem Schild wachsen, werden bis auf die Korn-Ebene hinab scharf abgebildet, und dadurch, dass dieser Film der einzige ist, der zu seiner eigentlichen Empfindlichkeit entwickelt wurde, sind diese hier am wenigsten unruhig und schärfemindernd.

Noch erstaunlicher finde ich jedoch, dass sich die anderen beiden nicht viel tun: Die Schärfe des Delta und des gepuschten Kentmere scheinen eigentlich mehr oder weniger äquivalent zu sein. So sind die Blenden-Bälle hinter dem Vogelhaus tatsächlich fast komplett rund - Offenblende - und die Maserung und Holzstruktur sind zumindest noch zu erahnen. Genauso verhält es sich mit den Streifen des Wellblechs und den Brettern an der Scheune. Beide Filme liefern hier also gute Ergebnisse ab.

Körner:

Nächste Kategorie: Grain! Hier scheiden sich ja die Geister: Die einen lieben ein körniges analoges Foto und finden, dass das der Hauptgrund ist, überhaupt wieder analoge Bilder zu schießen, während die anderen lieber den ganz teuren und niedrig-empfindlichen Film kaufen, um ein fast kornfreies Bild zu erhalten. Ich liege da eher so dazwischen, mich stört das Korn nicht, aber ich suche da jetzt auch nicht explizit nach, hauptsächlich weil ich mir meistens sowieso nur den billigen Film, der dazwischen liegt, leisten will, also zB den Fomapan, der mit seinem unschlagbaren Preis ja ein ziemlicher Allrounder ist.

Aber schauen wir uns erstmal die drei Bilder an, die ich hier ausgeschnitten habe. Ich habe versucht, hier sowohl dunkle als auch helle Bereiche auszuwählen, die teilweise auch im Unscharfen liegen. So kann man das Rauschverhalten bei verschiedenen Belichtungssituationen relativ gut abschätzen.


Hier gefällt mir persönlich der Delta am besten, da er relativ gleichmäßiges Korn hat. Der K400 ist schon bei seiner Nenn-Empfindlichkeit für meinen Geschmack etwas unruhig, was durchs Pushen nur noch verstärkt wird. Ich kann es gar nicht richtig an irgendwas festmachen, ist ein Bauchgefühl. Nun ist der Delta aber auch extra dafür entwickelt worden, dass man ihn bei diesen Empfindlichkeiten verwendet und kostet gut das 2½-fache des K400. Da erwarte ich ehrlich gesagt auch eine bessere Leistung, vor allem, weil dieser Film ja bei der ersten der oben beschriebenen Gruppen - den Korn-Fanatikern ;-) - sehr beliebt ist.

Das Korn des gepushten K400@1600 ist schon sehr unruhig und kontrastreich. Aber solange man jetzt kein Pixel-Peeping wie wir hier gerade betreibt, ist es noch immer akzeptabel. Ein Abzug in A4-Größe sollte durchaus machbar sein, ohne dass einem schwindelig wird.

Verhalten in dunklen Bereichen:

In dieser Kategorie stelle ich mir die Frage, wie viel Detail und Struktur noch in dunklen, eher unterbelichteten Bereichen zu erkennen ist. Erwartungsgemäß ist der ungepushte K400 hier recht gut. Das liegt aber auch daran, dass er wahrscheinlich das beste Licht abbekommen hat und ich kaum viel zu dunkle Stellen finden konnte. Die unterschiedlichen Töne der Mauer sind jedenfalls sehr gut erhalten.


Der D3200 ist aber mindestens gleichauf. Die Borke kommt sehr plastisch rüber und auch das Vogelhaus-Holz zeigt Struktur. Durch die etwas kontrastreichere Körnung (s.o.) wird dieser Effekt vielleicht sogar noch ein bisschen verstärkt.

Erstaunlich finde ich aber auch das Verhalten des gepushten K400@1600. Man kann tatsächlich noch einzelne Bäume und Büsche und deren Blätter im Hintergrund unterscheiden. Damit hätte ich nicht gerechnet. Aber das erklärt auch, weshalb ich nachträglich noch ein bisschen an der Helligkeit drehen konnte, ohne Details zu verlieren.

Die drei Filme sind in dieser Kategorie ziemlich gleichauf, was mich wirklich erstaunt. Der Kentmere 400 scheint nach unten hin also doch recht viele Reserven zu haben. Zugleich scheint es mir möglich, den Delta 3200 vielleicht noch eine Stufe weiter auf 6400 zu pushen. Die Beispiele, die ich dazu im Netz gefunden habe, sahen mit persönlich zwar etwas zu körnig aus, aber nach diesen Bildern hier würde ich es fast mal selber probieren wollen.

Bonus: Skin Tones

Hier also noch zwei ganz andere Fotos, die in bei Kunstlicht im Innenraum gemacht habe, das erste auf der Famileinfeier letztens und das zweite beim Trekdinner. Beide Bilder musste ich nachträglich digital noch ein bisschen weiter pushen, da sie sehr dunkel geraten waren.


Viel dazu sagen will ich nicht, denn zum einen liegen die Ergebnisse sehr nah beieinander, zum anderen ist das immer eine Frage des persönlichen Geschmacks. Beide Filme liefern gute Ergebnisse.

Fazit: Wenn man gerade nichts anderes zur Hand hat, kann man den Kentmere 400 gut um zwei Stufen pushen, ohne zu große Qualitätsverluste hinnehmen zu müssen. Im Gegenteil erscheint er mir sogar ein bisschen künstlerischer. Wenn ich jedoch die Wahl habe und jemand jetzt zB Hochzeitsfotos von mir haben wollen würde, würde ich sicherheitshalber aber zum teuren Delta 3200 greifen, da ich mir hier ziemlich sicher sein kann, gute Ergebnisse zu erzielen.