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Nikon F-801s

Heute möchte ich ein bisschen darüber reden, weshalb meiner Meinung nach die Nikon F-801s eine fürchterlich unterbewertete analoge Kamera ist. Ich finde ja schon, dass meine F601 völlig unterbewertet ist und die F801 ist da doch noch mal eine Klasse besser! Daher kann ich es beim besten Willen nicht verstehen, dass auf der bekannten Auktionsplattform Exemplare der F801 und der F801s für unter 30 Euro weg gehen, während die F100 das 8- bis 10-fache bringt. Die F90 leidet unter dem gleichen Phänomen, allerdings vielleicht nicht ganz so schlimm. Alle wollen eine F100, und das kann ich ja einerseits verstehen: Es war schließlich die letzte analoge Prosumer-Kamera von Nikon, aber heißt das, dass man da direkt 200, 300 Euro für ausgeben muss? Und ich wette, Zweidrittel der Leute stellen die sich dann in die Vitrine und fühlen sich gut, weil sie jemandem eine weggeschnappt haben, der sie stattdessen tatsächlich benutzt hätte.

Versteht mich nicht falsch, die F100 wäre auch einer meiner Träume, aber nicht zu diesen Preisen. Die Kamera ist zwar gut und kann noch diesen einen Tacken mehr, aber ist es das wert? Vor allem, wenn sie dann nicht benutzt wird? Sammler, weißte? Machen allen anderen die Preise kaputt! ;-)


Deswegen war ich ja jetzt schon länger auf der Jagd nach einer 801. Und wenn es nur für einen funktionierenden Batteriehalter ist, der auch in meine F90X passt. Aber: Die F801 war zu ihrer Zeit das Spitzenmodell bei den Amateur- und Semiprofi-Kameras. Soll heißen: Sie war die erste Kamera in diesem Segment, die die wahnsinnige Geschwindigkeit von 1/8000s hin bekommen hat. Das schafft meine D610 nicht mal! (Falls ich sie denn jemand wieder bekommen sollte! Die Versicherung soll jetzt mal langsam in die Puschen kommen!) Sie hat zudem alles andere an Ausstattung, was man als geneigter Foto-Enthusiast braucht, von der Abblend-Taste bis hin zur Kompatibilität mit alten AI-Objektiven. OK, die Matrix-Messung fällt da weg, aber die brauche ich persönlich eh eher selten. Und nach oben ist das einzige Manko, dass sie keine AF-S-Objektive mag, wenn es um Autofokus geht - was ich aber auch nicht unbedingt vermisse, ich habe eh nur zwei solche.

Als also bei ehBlöd diese F-801s vorbei kam, die auch noch dieses sehr schöne und von mir bereits besprochene 35-70mm f/2,8 nebst eines Tamron Tele-Zooms dabei hatte, habe ich mein Limit ein bisschen überschritten und zugeschlagen. Für unter 70 Euro kann man bei dem Paket nicht meckern, das bringt das erwähnte Nikkor einzeln schon im Wiederverkauf, falls ich das jemals wieder los werden wollte - was ich bezweifle. Wie gesagt, alleine gehen diese Kameras für 20-30 Euro weg, was ich für viel zu billig halte. Und die S-Version hat auch noch den Vorteil, dass sie einen Spot-Meter-Modus hat, den die originale 801 wohl nicht hatte. Ist jetzt kein K.O.-Kriterium, aber manchmal ist der schon sehr hilfreich.


Die Build Quality ist bei dieser Kamera jedenfalls noch Nikon-typisch recht hoch. Der Metallverschluss hält sicher genau so lange wie an modernen digitalen SLRs, da hat sich schließlich seit Jahrzehnten nichts mehr dran getan. Ich nehme an, dass sie hier den gleichen wie in der zeitgleichen F4 verbaut haben, die konnte auch bis 1/8000s belichten. (Eine Kamera übrigens, bei der ich verstehe, wieso sie noch immer 200, 300 Euro oder mehr kostet. Hätte gerne eine, sponsort mich jetzt bitte mal endlich wer?! ;-)) Überhaupt bietet die 801 das Gefühl, als hätte man eigentlich eine professionelle Kamera in den Händen. Ich als alter 601-User finde mich vor allem bei den Bedienelementen direkt wie zu Hause, habe aber trotzdem dieses Kribbeln von Hochwertigkeit in meinen Fingerspitzen. Das ist so ein subtiler Unterschied, wie wenn ich die D610 oder die D800 in die Hand nehmen. Schwierig in Worte zu fassen, da ist einfach dieses kleine Fitzelchen mehr, dieser eine Schritt, den die Designer weiter gegangen sind. Die F801 fühlt sich definitiv hochwertiger an als die späteren, niedrigen zweistelligen Fs, die ich kenne, und spielt definitiv in einer Liga mit der F90 oder der F100. Zugegebenermaßen weiß ich nicht genau, wo da der Übergang genau liegt: Die F60 bis F75 kenne ich leider nicht aus persönlicher Erfahrung und meine Nikon-Sammlung ist mittlerweile so groß, dass ich auch eigentlich nicht noch mehr anschaffen will, um es auszutesten! (Wie war das mit Sponsoren? ;-))

Aber zurück zur 801s und ihrer Ausstattung: Sie unterstützt AI, AI-s, AF und AF-D Objektive vollständig (bis auf die Matrixmessung, siehe oben), AF-S ohne Autofokus und G-Objektive nur in P und S. Im Programm-Modus bietet sie allerdings neben zwei unterschiedlichen Modi (einem schnelle und einem langsamen - und einem, den je nach angeschlossener Brennweite zwischen den beiden hin und her wechselt) auch die Möglichkeit des Program-Shift, sodass man hier nur mäßig in seiner Kreativität eingeschränkt ist. Bleiben also nur Prä-AI und AF-P, die diese Kamera nicht mag. Damit deckt man so ziemlich alles ab, was ab 1977 an Glas gebaut wurde bis irgendwann in den 2010ern, als die ersten AF-Ps aufkamen. (Aber - und nehmt mich jetzt bitte nicht beim Wort - ich glaube, die meisten wenn nicht gar alle AF-P sind eh für DX gebaut und haben auf einer Vollformat-35mm-Kamera somit nichts verloren? Kann das mal wer für mich nachgucken? ;-))

Ansonsten beherrscht sie den üblichen Schnick-Schnack, also Schärfe-Vorschau per Abblendtaste, Exposure Lock, Belichtungskorrektur um bis zu 5 Stufen, Mehrfachbelichtungen auf den gleichen Frame, ISO-DX-Kodierung und manuelles ISO, Autofocus Lock und sogar das manuelle An- und Abschalten der inneren Displaybeleuchtung. Alles ist über eine eigene Taste zu erreichen und man muss nur minimale Verrenkungen und Klammergriffe machen, wenn man den Film manuell zurückspulen möchte. Einziges Manko: Kein eingebauter Blitz. Aber das ist an den eher (semi-)professionellen Kameras meistens so, denn der Profi weiß, dass diese eingebauten Blitze meisten nur so eine halbherzige Sache sind. Auf den Blitzschuh passen die üblichen Speedlights, die machen auch genug Licht, um Vergleich zu dem eingebauten Blitz zB an meiner F601! Einzig die Möglichkeit zum Aufhellblitzen bei Schattenlagen könnte man also vermissen.


Das Sucherbild ist groß und klar, könnte aber für manuelle Objektive einen Schnittbildsucher vertragen. Und da man die Mattscheibe an dieser Kamera tauschen kann, gibt es zumindest eine mit Mikroprismen (Typ J), die das Scharfstellen sehr viel leichter machen sollte. Kostet leider mehr als die ganze Kamera! ;-) Bis dahin helfen die > o < Anzeigen im Sucher. Allerdings ist anzumerken, dass der Autofokus in dieser frühen AF-Kamera noch sehr, sagen wir mal, rudimentär ist. Es funktioniert zwar alles, aber man sollte sich nicht immer direkt drauf verlassen. Ich bin dazu übergangen, immer drei bis viel AF-Messungen durchzuführen und die Ergebnisse genau auf der Mattscheibe zu bewerten. Gerade große flächige Objekte oder sehr feine Strukturen wie Äste vor weiter entferntem Hintergrund sind manchmal etwas diffizil einzumessen. Oder auch häufiger. Also eigentlich eher meistens. Der Autofokus ist eigentlich mehr sowas wie ein Vorschlag. :-D Ich erinnere mich, dass ich an der F601 auch schon immer so vorgegangen bin. Versteht mich nicht falsch, für mich ist das kein Deal Breaker, denn in "normalen" Situationen funktioniert er befriedigend gut. Man sollte es nur im Hinterkopf behalten. Es fehlt zudem natürlich altersbedingt auch diese moderne so-und-so-viele-Zonen Fokusmessung, aber ich persönlich brauche eh immer nur den Sensor in der Mitte plus den (gut erreichbaren und einzeln vom AE-L als Taste ausgeführten) Messwertspeicher. Selbst bei meinen DSLRs kommt es nur äußerst selten vor, dass ich mal auf was anderes als den mittleren Sensor umschalte.

Fazit: Für den Preis erhält man unschlagbar viel Kamera und den Zugriff auf sämtliche F-Nikkore seit 1977. Wie man da nicht zugreifen kann und warum der Preis dieser Kameras nicht höher ist, erschließt sich mir nicht. Eigentlich bleiben hier keine Wünsche offen. Selbst das Design der Kamera ist typisch für die Nikons der späten 1980er und hat sich seitdem kaum geändert. Will sagen, man fällt damit nur bedingt auf, denn es könnte sich genauso gut um jede beliebige digitale Nikon handeln. Aber vielleicht ist gerade hier des Pudels Kern zu finden: Sie ist einfach nicht retro genug, sondern eben eine moderne Kamera mit modernen Features und spricht dementsprechend nicht das Retro-Klientel an, während sie zugleich nicht das Ende der Fahnenstange, die Spitze der Entwicklung, wie die F100 darstellt. Sondern eben den Anfang. Ich weiß es nicht. Ich mein, es ist für jeden Foto-Enthusiasten ja schön, dass man dieses Schmuckstück so günstig bekommen kann, aber verstehen muss ich es nicht. Tolles Teil!