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Bunt, in Farbe und analog, Teil 1: Die Wahner Heide

Film: 127 Crossbird 200 (C41) #1, Kamera: Yashica 44 LM, März 2021

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Vorweg: Ich habe damals zwei dieser Filme zu dieser Kamera gekauft, weil sie die billigere Alternative von zwei waren. (Wenn man 13,- Euro als billig bezeichnen möchte. Aber 127 ist heutzutage ja ein wirklich exotisches Format, von daher beschwere ich mich nicht zu sehr.) Den zweiten der Beiden werde ich aber versuchsweise mal als Diafilm E6 entwickeln lassen, denn auch wenn das Ergebnis interessant aussieht, es überzeugt mich als Puristen nicht wirklich. Die Farben, die bei der Cross-Entwicklung in C41 raus kommen, sind mir dann doch etwas zu fancy. Oder nicht fancy enough? Schwer zu sagen, wo ich da stehe... ;-)

Jedenfalls war dieser Film ein Pain in the proberbial Butt beim Einscannen: Ich habe noch nie etwas erlebt, das so unbedingt und ohne Kompromiss zurück in die Form will, wie es - zugegebener Maßen - über Jahre hinweg aufgerollt war. Ich habe die eine LM 44 vor etwas über einem Jahr gekauft und mir relativ zügig die beiden Filme im Internet organisiert. Da die aber jetzt schon dieses Jahr ablaufen, nehme ich an, dass die insgesamt eher schon ein oder zwei Jahre lang vorher auf die Spule gedreht im Laden gelegen haben. Davon abgesehen, habe ich keine Ahnung, ob es sich bei dem Fim tatsächlich um "frisches" Material handelt, das extra dafür hergestellt wurde, oder ob das noch aus uralten Zeiten irgendwo rum lag und nur auf das entsprechende Maß zugeschnitten wurde. Mein Plan ist auf jeden Fall: Es gibt so ein praktisches, 3D-gedrucktes Teil, in das man einfach nur eine Rasierklinge einsetzt (oder war es ein Teppichmesser?) und dann kann man sich seine 120 Filme auf 127 zurecht schneiden. Das würde ich tatsächlich mal mit den billigen Fomapan machen, glaube ich. Was mich bisher davon abhält, ist der nicht ganz günstige Preis von knapp 50 Euro ohne Versand! Es gibt auch Leute, die das mit einem Zigarrenschneider machen, aber ich bin mir nicht sicher, ob der am Ende nicht mehr kostet... ;-)

Der Film ist zudem schmaler als das Plastikteil mit Diffuser, der bei meinem uraltem Epson-Scanner dabei war, weil das nun mal für 120 Rollfilm gemacht ist. Außerdem hat das Labor mir den natürlich geschnitten und die Yashica macht relativ kurze Stege zwischen die einzelnen Bilder. Kombiniert mit dem Aufroll-Problem heißt das, dass ich beim besten Willen keine glatten Scans hin bekommen habe. Ich habe aber tatsächlich erst nach 2/3 des Filmes und mehreren Anläufen aufgegeben und nach einer Alternative gesucht. Diese habe ich dann in einer alten Glasscheibe eines Bilderrahmens gefunden: Den Film einfach so flach wie möglich auf die Scanner-Scheibe, mit den Handschuhen an den Fingern so glatt wie möglich ziehen und dann vorsichtig die Scheibe drauf. Hat den Nachteil, dass ich nicht weiß, wie scharf der Scan jetzt tatsächlich wird. Grundsätzlich sollte der Scanner sowohl direkt auf die Scheibenoberseite als auch etwa einen Millimeter darüber fokussieren können, schließlich muss er Papiervorlagen direkt vom Glas als auch Negative im entsprechenden Halter hin bekommen. Nur eben weiß ich nicht, ob der in der Software gewählte Vorlagen-Modus den Fokus eben beeinflusst und im "normalen" geht die Lampe in der Durchlichteinheit nicht mit an. Zudem fehlt so auch der zusätzliche Diffuser, was die Streifigkeit der Duchlichteinheitenlampen evtl. sichtbar machen könnte. (Also, zusätzlich zu den Streifen der defekten Pixel!)

Genug der technischen Probleme, ich wollte eigentlich was zu den Fotos schreiben, die ich aus dieser wunderschönen, überwältigenden, sexy Yashica heraus bekommen habe. Da ich erst mal testen wollte, ob die Kamera und der Verschluss und all der ganze Rest überhaupt funktionieren, hatte ich keine großen Erwartungen und habe einfach mal auf alles drauf gehalten, was ich in der Heide finden konnte. Zum Beispiel einen Baum. (1/500s, f5,6)


Das Ergebnis ist erstaunlicherweise ein Baum. Nun sah es aber Ende März definitiv nicht aus wie in der Wüste; ich weiß nicht, wo das Grün hin ist. Im Histogramm ist definitiv etwas Grün zu finden, nur wenn ich da zu viel dran drehe, wird der Himmel cyanfarben. Das will ich dann auch nicht. Ich schiebe das also darauf, dass der Crossbird eigentlich ein Positiv-Film ist, der beim Entwickeln in der Negativlösung seltsame Dinge macht. (Oder ist das genau der Effekt, den ich will? Dass der Himmel cyan wird?) Überhaupt sind die Bilder vom Dynamik-Umfang her sehr eng. Mit einem professionellen Scanner könnte man da bestimmt mehr raus holen, aber sowas habe ich nun mal nicht. Die größte Bandbreite hat das Blau, das ich fast als "normal" bezeichnen würde. Deshalb habe ich versucht, mich daran zu orientieren. Es war schließlich ein schöner, sonniger Frühlingstag und der Himmel war extrem Azur.

Das Bild selber ist jetzt nicht besonders spannend, aber auch nicht zu schlecht. Die Schärfe der Yasica ist sehr gut, selbst nachdem ich mit der Glasplatte gescannt habe. Einen sichtbaren Unterschied zum Filmhalter habe ich nicht bemerkt, allerdings habe ich auch nur bei 3200dpi gescannt, um die Datenmenge etwas einzudämmen. Dabei kommen Bilder raus, die knapp unter 5000 Quadratpixel haben. Herunter gerechnet auf 2048x2048 sollte das also ungefähr dessen entsprechen, was der Scanner tatsächlich leisten kann - alles Höhere ist meistens nur eine dreiste Lüge Beschönigung der Tatsachen durch das Marketing-Department. ;-)

Und je länger ich mir das Foto anschaue, desto besser finde ich die Farben sogar. Oder vielleicht liegt es auch an der eingeschränkten Farbwiedergabe meines Notebooks hier draußen im Garten, wo mir die Sonne in die Augen ballert und das Display im Schatten des Sonnenschirms steht, damit man überhaupt was erkennen kann. Wer weiß, vielleicht gewöhne ich mich aber auch einfach an diesen Pseudo-Retro-Hipster-Farbraum! ;-) (Nichts gegen Hipster, einige meiner besten Freunde... äh, nee, den Satz schreibe ich lieber nicht zu Ende.) (Für alle, die das nicht direkt verstanden haben sollten, das sollte Selbstironie sein. :-D )

Das zweite Bild sieht ähnlich aus, da es auch ein ähnliches Motiv zeigt, nur dieses Mal sind es mehrere Bäume und ein Stapel gestapelten Holzes, das die Waldarbeiter aufgestapelt haben, nachdem sie mit den toten Käfer-Bäumen durch waren, die im letzten Jahr ja zu Hauf angefallen sind. (1/500s, f/8.) Das Komponieren eines Bildausschnitts ist bei einer Kamera wie dieser extrem ungewohnt, wenn man wie ich eigentlich schon immer durch einen Sucher geschaut hat, der einem das Bild richtig rum dreht. Das macht die Mattscheibe hier auch, allerdings nur in der Horizontalen, sodass das Bild zwar richtig rum steht (durch den Spiegel, der das Bild nach oben projiziert), links und rechts aber für mein Verständnis vertauscht ist, sodass ich bei jedem Korrekturversuch erst mal in die falsche Richtung geschwenkt habe. Hat was gedauert, bis ich das raus hatte. Ganz so zentral wollte ich den Holzstapel nämlich eigentlich gar nicht haben. Trotzdem, ein befriedigendes Ergebnis.

Bild 3 zeigt wieder Bäume, zwischen denen sich dieses Mal aber kein Holzstapel sondern einer der alten Munitionsbunker versteckt, die es im ehemaligen Truppenübungsgebiet gibt. Oder war das zur Beobachtung des Manövers? Wer Ahnung hat, melde sich! Netter Schattenwurf, wieder sehr rotlastig. Das irritiert mich sehr, denn von den Reviews dieses Filmes her hätte ich eher auf ein zu grünes Bild getippt. Oder habe ich nicht genug an den Kurven gedreht? An dieser Stelle habe ich schon dran gezweifelt, ob ich nicht doch als Positiv hätte scannen müssen, aber in den späteren Bildern sind Stellen, die definitiv rot waren und auch so raus gekommen sind. Ich gebe also weiterhin dem Cross-Entwickeln die Schuld. ;-)


Oben auf dem Bunker befinden sich rostige Lüftungsrohre, die ebenfalls ein gutes Motiv abgegeben habe. (1/500s, f/5,6.) Auch hier kommt ein weiterer Kritikpunkt an diesem Film zum tragen: Ich hätte gerne auch mal die längeren Zeiten der Kamera getestet, aber da der Film eine Nenn-Empfindlichkeit von ISO 200 hat, war es dem hier draußen in der Heide einfach zu hell! Da der einzige andere Film, der zur Auswahl stand, allerdings ein 400er war, hätte mir das da auch nicht geholfen. Diese Kameras stammen aus einer Zeit, als man noch mit ISO 50 oder 25 Fotos gemacht hat, bevor diese modernen, lichtempfindlichen Emulsionen auf den Markt kamen. Da waren 1/500s schon so schnell, dass man durchaus mit Offenblende Bilder machen konnte, was ich jetzt leider nicht zu testen vermochte.

Das Bild selber gefällt mir jedenfalls ganz gut, auch wenn der Birkenast oben links etwas sehr prominent und scharf ist. Ich kämpfe da noch etwas mit dem quadratischen Format! ;-) Die Abbildungsleistung des Yashica-Objektivs ist jedenfalls sehr gut, habe ich den Eindruck. Sollte es auch, bei einer Kamera, die damals sicher nicht ganz billig war, und heute auch nicht günstig zu bekommen ist. (Ich würde mal sagen, das ist das teuerste Stück Retrofototechnik, das ich mir je angeschafft habe.)

Bild #5 zeigt den Mast auf dem Telegraphenberg, und hier sieht man auch ganz eindeutig: Rote Gegenstände bilden sich auch in einem sehr leuchtendem, satten Rot ab, zB die Leitplanke unten und das lackierte Gitter oben. Grün hingegen fehlt nach wie vor fast völlig. (1/500s, f/8.) Aber ansonsten ein sehr schönes Bild. (Wenn man die Fotos übrigens auf s/w umrechnet, sehen sie alles in allem richtig gut aus, aber ich wollte ein bisschen meine Erfahrungen mit diesem Film wiedergeben, wie er aus meinem Scanner heraus kam.) Leider ist es nicht ganz scharf, da ich ein bisschen zu sehr auf deie Vordergrund-Äste geachtet habe, statt einfach auf Unendlich zu drehen und die 8er-Blende sich um den Rest kümmern zu lassen. Eh, well... close enough! ;-)


Zuletzt noch mal der Telegraphenbergmast, aber aus einer anderen Position und mit einem steileren Winkel. (1/500s, f/11.) Hier wollte ich mal sehen, was das Objektiv zu direktem Gegenlicht sagt. Ich bin beeindruckt: Praktisch keine Flares, schöne Silhouetten-Schärfe, kontrastreich (soweit man das bei dem Film sagen kann, den ich sowieso kräftig nachbearbeitet habe wegen der Farbe). Bei der (Scanner-)Auflösung lassen sich auch keine allzu großen Farbränder erkennen, Chroma-Fehler halten sich also im Rahmen. Die habe ich allerdings auch eher weniger erwartet, die alten Objektive sind zwar simpler aufgebaut als heutige, dafür aber meist doch sehr gut angepasst an die Kamera. Insgesamt also: Bestes Bild auf der Rolle bisher.

Die nächsten 6 Fotos kommen in einem separaten Eintrag. Diese Stammen dann aus der schönen Stadt Blankenberg, in der ich meinen Test am nächsten Tag fortgesetzt habe.