Schwarz-weiß und analog, Teil 312: Nikkormat FT in Blankenberg
Foma 400 #17, Januar 2025
So viel zur Kamera. Zusammen mit der Nikkormat habe ich das berühmt-berüchtigte 43-86mm f/3.5 bekommen, liebevoll in eingeweiten Kreisen auch einfach 4386 genannt. Das war damals (glaube ich, soweit ich mich erinnern kann) das zweite kommerziell erhältliche Zoom-Objektiv (und ich meine, das erste zählt nicht, weil es so teuer war, dass man es sich nur als Profi leisten konnte). Die Geschichten, die über dieses Objektiv erzählt werden, sind, sagen wir mal, zwiegespalten. Die einen preisen es, weil es eben eine echte Innovation war: Ein Zoom-Objektiv, das sich praktisch jeder leisten konnte (der sich auch eine Nikon-Kamera leisten konnte, die damals auch nicht ganz billig war). Die anderen konzentrieren sich auf die schreckliche Abbildungsleistung dieses Stück Altglases. Joah, ich kann beides nachvollziehen und ich hoffe, dass das auch in diesem und dem folgenden Artikel klar werden wird, wieso. Aber genug der Vorrede: Hier kommen die Bilder.
Ach ja, eins noch: Da ich natürlich keine Quecksilber-Batterie mehr habe, sind alle Fotos extern gemessen. Das macht der Kamera nix, die ist voll mechanisch und interessiert sich nicht für so neumodische Dinge wie Strom. Gut, der Belichtungsmesser zeigt dann halt nix an, aber dafür gibt es ja Handy-Apps oder die digitale Zweitkamera!
Und wichtig: Das hier ist wahrschinlich die mittlere Version des 43-86mm, noch in den frühen 1960ern gerchnet, aber schon mit AI-Anschluss, auch wenn das so in dem Artikel nicht wirklich erkenntlicxh ist. Ich frage mich noch immer, ob ich hier nicht eine umgebaute alte Version habe, die nachträglich den Blendenring mit AI-Haken bekommen hat. Jedenfalls: Es gibt wohl eine noch neuere aus den späten 1970ern, die sehr viele der hier von mir besprochenen Probleme adressiert und entsprechend besser daher kommt! So, wie die Bilder hier aussehen (im Vergleich zu solchen, die ich im Internet gefunden habe) tippe ich eher auf eine ältere Version. Aber nagelt mich nicht drauf fest!
Wir waren an einem schönen, sonnigen Tag im Januar in Blankenberg, weshalb das erste Foto wie immer den Katharinenturm zeigt. (Schreibt man den jetzt eigentlich mit oder ohne H?) (4386 @ 43mm, 1/1000s, f/8.) Auf den ersten Blick: Alles eigentlich ganz OK! Kontrast ist gut, Schärfe ist gut, die Vignettierung an den Ecken hält sich in Grenzen. Nun muss man aber auch beachten, dass ich dieses Bild um mehr als zwei Blenden abgeblendet habe, da sollte das auch so aussehen. Wenn wir dann aber mal den Blick in die untere linke Ecke schweifen lassen, stellen wir fest: Das Kennzeichen von Mini und Toyota sind praktisch unlesbar, so stark ist die Verzerrung hier unten. Uiuiui, das lässt nichts gutes erahnen.
Nehmen wir zB das nächste Bild, das vom Kirchturm. (4386 @ 86mm, 1/1000s, f/8.) Auch hier, auf den ersten Blick: Alles ganz stimmig. Schaut man sich aber den Teil an, der gerade so über die Mauer hinweg ragt: Irgendwie nicht so richtig scharf, oder? Die Mauer selber liegt im Bereich der Vordergrundunschärfe und sieht bei f/8 ganz OK aus, zumindest ist sie zu dunkel, um genauere Aussagen dazu zu treffen. Der Busch links sieht wieder schwer verzerrt aus. Also haben wir bereits mit den ersten beiden Bildern festgestellt: So richtig geil ist das Teil nicht, zumindest zu den Ecken und Rändern hin.
Versuchen wir es mal im Portrait-Beriech an der Hexe auf dem kleinen Platz am Parkplatz. (4386 @ 43mm, 1/250s, f/4.) Gegenlicht ist jetzt auch nicht so die Stärke dieses Objektives, aber das mag man ihm verzeihen: In der Steinzeit waren die Beschichtungen einfach noch nicht so ausgereift wie heute. So weit offen zweigen sich allerdings deutliche Vignettierungen in den Ecken, insbesondere unten, wo es eh schon recht dunkel war. Der Vorteil an den Verzerrungen, die sich rund rum um den zentralen Bereich erstrecken, ist allerdings, dass es das Gesicht der Hexe recht gut hervorstechen lässt. Man kann das also durchaus auch als Stilmittel verwenden. Wo andere Leute einen Effektfilter benötigen, macht das Teil das von ganz alleine!
Problem ist nur, wenn etwas aus diesem zentralen Schärfe-Bereich heraus ragt, wie hier etwa das Wegekreuz, das auch schon deutliche Unschärfe- und Verzerrungs-Spuren aufweist. (4386 @ 43mm, 1/125s, f/4.) Gibt dem Ganzen natürlich einen gewissen Vintage-Look. Aber ich glaube, die Leute damals wollten keinen Vintage-Look, auch wenn sie einfach damit leben mussten! Denen wäre ein komplett scharfes Bild glaube ich lieber gewesen!
Probieren wir mal was anderes: Natur! Dieser Baum, der über die Stadtmauer hinaus ragt, bietet sich doch an, oder? (4386 @ ~50mm, 1/500s, f/8.) Und tatsächlich, das scheint genau die Entfernung und Blende und Brennweite zu sein, bei der man mit dem Ding tatsächlich gut arbeiten kann! Also im Normalbereich. Vignettierung sieht OK aus, die Verzerrungen an den Ecken verschwinden fast völlig. Eigentlich ein richtig gutes Bild. Geht doch!
Machen wir die Probe aufs Exempel: Der Turm ein paar Meter weiter. (4386 @ 43mm, 1/500s, f/8.) Wenn man es richtig framet, passt das ganz gut: Unten ist der Hang zu dunkel, als dass man die Verzerrungen tatsächlich wahrnehmen würde, oben ist der helle Himmel, in dem man sowas naturgemäß auch nicht sehen kann. Hey, sollte ich da etwas auf der Spur sein?!
Das nächste Wegekreuz ist auch im Normalbereich entstanden. (4386 @ ~55mm, 1/125s, f/5,6.) Erstaunlicherweise ist die Verzerrung unten besonders stark. Ist vielleicht auch die Andruckplatte der Kamera nicht mehr ganz so fit? Wäre möglich. Aber bisher war der Eindruck doch recht konsistent, den dieses Objektiv geliefert hat. Wo man aber auf jeden Fall nichts sagen kann: Der Kontrast war bisher in jedem Bild hervorragend, so auch hier in diesem. Nun kontrastet der Foma 400 ja eh gerne.
Schauen wir mal, ob das mit der Andruckplatte vielleicht eine Idee war und verwenden das einzige andere Objektiv, das ich mit Hasenohren mit dabei hatte, und fotografieren damit die Kirche. (35mm, 1/1000s, f/8.) Es ist hell, deswegen f/8. Das 35/2 Nikkor ist ja eines meiner liebsten AI-Objektive, das macht einfach saumäßig gute Fotos! Und auch hier: Keine Probleme sichtbar. Im Gegenteil: Auf f/8 abgeblendet ist es fast schon zu scharf! Hervorragende Abbildungsleistung (für ein bald 50 Jahre altes Objektiv). Sämtliche Unschärfen und Verzerrungen, die wir bisher gesehen haben, stammen also nicht von der Nikkormat, sondern definitiv vom 4386!
Wenn ich es eh schon drauf hatte, machen wir doch gleich noch das übliche Bild von der Glocke! (35mm, 1/1000s, f/2.) Weit offen: Geiles Bokeh im Hintergrund, gestochen scharfe Glocke! So kenne ich das 35er. Also kein Zweifel: Die Probleme stecken alle im Zoom-Nikkor.
Sieht man auch direkt wieder, wenn man sich den Nussknacker anschaut, der da noch von Weihnachten rum stand. (4386 @ unbekannte Einstellungen.) Wieder fällt auf: Das Gesicht ist richtig scharf, aber sobald man auch nur ein bisschen nach außen geht, zack, matschig! Das scheint hier auch relativ weit offen aufgenommen zu sein, da wird das gleich noch schlimmer.
Versuchen wir es mal mit Tiefe und Fluchtpunkt: Die Mauer mit den Häusern neben dem Katharinenturm. (4386 @ 43mm, 1/250s, f/5,6.) Je weiter man abblendet, desto besser wird der Eindruck. Außerdem fällt das ganze Rumgezerre in den Mauersteinen gar nicht so sehr auf. Trotzdem würde ich sagen, dieses Objektiv lebt eigentlich erst so richtig auf, wenn man es auf f/8 oder mehr abblendet und dann auch noch möglichst im mittleren Normalbereich zwischen 50 und 60mm bleibt. Komisch, das ist mir bei meinen Tests auf der Digitalen damals gar nicht so aufgefallen. Scheinbar vergibt die solche Fehler eher.
Der Blick in die andere Richtung wiederum war ein weiter Gegenlicht-Test: Wird man den Turm erkennen können oder wird er überstrahlt sein? (4386 @ 43mm, 1/500s, f/8.) Das Ergebnis ist erstaunlich gut, da hatte ich nach dem Hexen-Foto oben Schlimmeres erwartet. Nee, ehrlich: Damit kann man arbeiten. Hat was.
Der Holzstapel war dann wieder so ein Schnellschuss, zu dem ich mir auch mal wieder vergessen habe, die Daten aufzuschreiben. (4386 @ unbekannte Einstellungen.) Scheint aber weit offen zu sein, wenn ich mir die Unschärfe im Hintergrund so anschaue, und wohl auch am oberen Ende des Zoom-Bereichs. Und trotz der offensichtlichen Mängel, die ich oben ja jetzt zu genüge beschreiben habe: Das Bild kann was! Diese weiche, leicht Zerfließende zu den Rändern hin, als würde man einen Flaschenboden vor die Kamera halten, das gibt der kalte Winterstimmung ein bisschen Wärme! Es ist also nicht völlig nutzlos!
Wanderwegwegweiser sind ja eines meiner Hobbys. (4386 @ 86mm, 1/1000s, f/5,6.) Ich nehme an, das ist die gleiche Einstellung, wie ich sie auch beim Holzstapel verwendet habe. Die Bilder sehen sich in ihrer Stimmung jedenfalls sehr ähnlich. Und auch dieses gefällt mir eigentlich richtig gut, gerade wegen seiner ganzen optischen Probleme. Ein bisschen wie ein Traum, an den man sich nur undeutlich erinnern kann. Das ist doch mal was! Hübsch, und das ist tatsächlich schon mal eine Aussage, die man bei einem eigentlich so schlecht bewerteten Objektiv kaum erwarten würde.
Der Tele-Bereich dieses Zooms gefällt mir eh irgendwie besser als der weitwinkelige, auch wenn er doch ähnliche Probleme hat, wie man auch hier bei dem anderen Turm sehen kann, den ich mal quer durch ein wenig Gemüse fotografiert habe. (4386 @ 86mm, 1/1000s, f/5,6.) Die Vordergrundunschärfe ist nicht wirklich toll, aber in diesem Fall durchaus passend zum Motiv. Ebenfalls ganz nett, aber die beiden vorhergehenden Bilder gefielen mir leicht besser.
Mittlerweile soll die Baustelle am neuen Spielplatz ja weg sein, aber damals war die noch voll in Gange. (4386 @ ~60mm, 1/1000s, f/5,6.) Wie bereits oben gesagt: Im Brennweitenbereich um die 55mm macht das Objektiv eigentlich den besten Eindruck. Die Verzerrungen beschränken sich dann meist wirklich nur auf die Ecken und da schaut man ja meist eh nicht so genau hin. Man kann also, wenn man unbedingt will, damit ganz gut arbeiten. Hätte ich mir damals in den frühen 1970ern aber lieber eine anständige Normal-Festrennweite angeschafft, statt diesem unausgereiften Zoom-Objektiv? Wahrscheinlich. Ist es aber trotzdem ein sehr interessantes Stück Historie? Auf jeden Fall! Im Rückblick kann man gerne mal eine etwas harschere Meinung haben, damals war das cutting edge!
Ein kleiner Briefkasten mit einer 8 darüber. (4386 @ ~65mm, 1/1000s, f/3,5.) Auch bei 65mm geht das mit den Verzerrungen noch ganz gut. Auch scheint das Objektiv nahe Motive lieber zu mögen als weiter entfernte. Daraus schließe ich, dass das damals tatsächlich eher für den Portrait-Bereich gerechnet wurde. (Will gar nicht wissen, was das damals noch für ein Aufwand war. Entweder musste man das von Hand mit Papier und Stift erledigen, oder erst mal die passende Software für irgendeinen sauteuren Großrechner mit Lochkarten programmieren, der am Ende dann wahrscheinlich genau so lange gerechnet hat!
)
Wenn man es aber drauf anlegt, kann man die Verzerrungen und Unschärfen, die dieses Objektiv bietet, richtig gut in Szene setzen, wie hier beim Kreuz am Parkplatz an der anderen Seite der Stadt Blankenberg. (4386 @ unbekannte Brennweite, 1/1000s, f/4.) Das sieht fast wie Motion Blur aus, was da im Hintergrund abgeht! Sehr witziges Foto, mit dem ich so auch nicht gerechnet hatte. Und das ist ja gerade das spannende an diesen alten Vintage-Linsen: Man weiß nie, was man nachher an Überraschungen erlebt, wenn man den Film entwickelt!
Die eigentliche Burg haben wir an jenem Tag gar nicht besucht, die ist ja im Winter meist eh geschlossen. Was wir natürlich überprüfen mussten und trotzdem bis zum Tor gegangen sind. Deswegen hier nur zwei Mal aus der Entfernung, das erste mit dem Zoom (4386 @ 43mm, 1/1000s, f/8) und das zweite noch mal zum Vergleich mit dem 35/2 aus näherer Nähe. (35mm, 1/500s, f/8.) Joah, der Unterschied ist schon wie Tag und Nacht: Wenn man knackig scharfe Bilder haben will, nimmt man dann doch besser die Festbrennweite! Wenn man einen etwas more dreamy look haben will, geht das mit dem Zoom ganz hervorragend. Welches würde ich jetzt bevorzugen? Gute Frage. Kommt immer ganz auf meine aktuelle Stimmung an.
Auf dem Rückweg durch die Stadt Blankenberg dann noch Santa und Rudolf getroffen. (4386 @ ~70mm, 1/1000s, f/4.) Hier scheinen wir den Brennweitenbereich der größten Schärfe schon wieder nach oben hinaus verlassen zu haben. Rudolfs Füße sind bei f/4 doch deutlich unscharf. Ich scheine allerdings den Fokus auch eher auf Mr. Klaus gesetzt zu haben, dessen Füße sind doch deutlich schärfer. Nicht toll, aber schärfer! Auch hier sag ich mal: Der Stimmung angemessen. Ein scharfes Bild hätte ich wohl eher mit der Festbrennweite hin bekommen. Aber die kennen wir ja schon zu Genüge, es ging hier schließlich um das Zoom-Nikkor!
Um das Ganze dann aber mal mit einem richtig scharfen Bild zu Ende zu bringen: Hier noch die Gaststätte mitten im Dorf mit dem 35/2 Nikkor. (35mm, 1/500s, f/8.) Im direkten Vergleich erschlägt einen die Schärfe schon praktisch, gerade bei einem so kontrastreichen Fachwerkbau.
Fazit: Ja, das Zoom-Nikkor Auto 1:3.5 43-86mm macht Bilder. Es macht auch manchmal gute Bilder. Macht es meistens welche, von denen man sich fragt: "Wie konnten die das damals nur unter dem Markennamen Nikkor verkaufen, ohne sich zu schämen?" Eigentlich schon. Aber es war halt etwas total Neues! Und ich glaube, viele Leute waren damit ganz zufrieden, dass man nicht mehr ständig die Objektive wechseln musste oder eben auf eine einzige Brennweite angewiesen war. Das war sicher eine spannende Zeit damals. Und es hat ja auch nicht lange gedauert, bis die richtig guten Normal-Zooms raus kamen. Einen Ur-Ur-Urenkel davon habe ich ja auch: Das 35-70/2.8 ist zwar bei weitem moderner und macht sehr viel bessere Bilder, aber die DNA ist doch erkennbar. Und es liegen gerade mal 30 Jahre dazwischen. Das ist etwa die gleiche Zeit, die seitdem vergangen ist, und, ja, da sind noch Detailverbesserungen seitdem passiert, aber nichts wirklich Weltbewegendes.
Wie auch immer: Für das, was es ist, ist es nicht gut, aber eben auch nicht so unglaublich schlecht, wie alle es einem einreden wollen. Es hatte damals seine Daseinsberechtigung.
- Nikkormat FT, Zoom-Nikkor Auto 1:3.5 43-86mm, Nikkor 35mm 1:2
- Entwicklung: Fomadon R09 1+50 19,5°C 11:30, Adofix 1+5 18,5°C 7:00, Adoflo 1x
So viel zur Kamera. Zusammen mit der Nikkormat habe ich das berühmt-berüchtigte 43-86mm f/3.5 bekommen, liebevoll in eingeweiten Kreisen auch einfach 4386 genannt. Das war damals (glaube ich, soweit ich mich erinnern kann) das zweite kommerziell erhältliche Zoom-Objektiv (und ich meine, das erste zählt nicht, weil es so teuer war, dass man es sich nur als Profi leisten konnte). Die Geschichten, die über dieses Objektiv erzählt werden, sind, sagen wir mal, zwiegespalten. Die einen preisen es, weil es eben eine echte Innovation war: Ein Zoom-Objektiv, das sich praktisch jeder leisten konnte (der sich auch eine Nikon-Kamera leisten konnte, die damals auch nicht ganz billig war). Die anderen konzentrieren sich auf die schreckliche Abbildungsleistung dieses Stück Altglases. Joah, ich kann beides nachvollziehen und ich hoffe, dass das auch in diesem und dem folgenden Artikel klar werden wird, wieso. Aber genug der Vorrede: Hier kommen die Bilder.
Ach ja, eins noch: Da ich natürlich keine Quecksilber-Batterie mehr habe, sind alle Fotos extern gemessen. Das macht der Kamera nix, die ist voll mechanisch und interessiert sich nicht für so neumodische Dinge wie Strom. Gut, der Belichtungsmesser zeigt dann halt nix an, aber dafür gibt es ja Handy-Apps oder die digitale Zweitkamera!
Wir waren an einem schönen, sonnigen Tag im Januar in Blankenberg, weshalb das erste Foto wie immer den Katharinenturm zeigt. (Schreibt man den jetzt eigentlich mit oder ohne H?) (4386 @ 43mm, 1/1000s, f/8.) Auf den ersten Blick: Alles eigentlich ganz OK! Kontrast ist gut, Schärfe ist gut, die Vignettierung an den Ecken hält sich in Grenzen. Nun muss man aber auch beachten, dass ich dieses Bild um mehr als zwei Blenden abgeblendet habe, da sollte das auch so aussehen. Wenn wir dann aber mal den Blick in die untere linke Ecke schweifen lassen, stellen wir fest: Das Kennzeichen von Mini und Toyota sind praktisch unlesbar, so stark ist die Verzerrung hier unten. Uiuiui, das lässt nichts gutes erahnen.
Nehmen wir zB das nächste Bild, das vom Kirchturm. (4386 @ 86mm, 1/1000s, f/8.) Auch hier, auf den ersten Blick: Alles ganz stimmig. Schaut man sich aber den Teil an, der gerade so über die Mauer hinweg ragt: Irgendwie nicht so richtig scharf, oder? Die Mauer selber liegt im Bereich der Vordergrundunschärfe und sieht bei f/8 ganz OK aus, zumindest ist sie zu dunkel, um genauere Aussagen dazu zu treffen. Der Busch links sieht wieder schwer verzerrt aus. Also haben wir bereits mit den ersten beiden Bildern festgestellt: So richtig geil ist das Teil nicht, zumindest zu den Ecken und Rändern hin.
Versuchen wir es mal im Portrait-Beriech an der Hexe auf dem kleinen Platz am Parkplatz. (4386 @ 43mm, 1/250s, f/4.) Gegenlicht ist jetzt auch nicht so die Stärke dieses Objektives, aber das mag man ihm verzeihen: In der Steinzeit waren die Beschichtungen einfach noch nicht so ausgereift wie heute. So weit offen zweigen sich allerdings deutliche Vignettierungen in den Ecken, insbesondere unten, wo es eh schon recht dunkel war. Der Vorteil an den Verzerrungen, die sich rund rum um den zentralen Bereich erstrecken, ist allerdings, dass es das Gesicht der Hexe recht gut hervorstechen lässt. Man kann das also durchaus auch als Stilmittel verwenden. Wo andere Leute einen Effektfilter benötigen, macht das Teil das von ganz alleine!
Problem ist nur, wenn etwas aus diesem zentralen Schärfe-Bereich heraus ragt, wie hier etwa das Wegekreuz, das auch schon deutliche Unschärfe- und Verzerrungs-Spuren aufweist. (4386 @ 43mm, 1/125s, f/4.) Gibt dem Ganzen natürlich einen gewissen Vintage-Look. Aber ich glaube, die Leute damals wollten keinen Vintage-Look, auch wenn sie einfach damit leben mussten! Denen wäre ein komplett scharfes Bild glaube ich lieber gewesen!
Probieren wir mal was anderes: Natur! Dieser Baum, der über die Stadtmauer hinaus ragt, bietet sich doch an, oder? (4386 @ ~50mm, 1/500s, f/8.) Und tatsächlich, das scheint genau die Entfernung und Blende und Brennweite zu sein, bei der man mit dem Ding tatsächlich gut arbeiten kann! Also im Normalbereich. Vignettierung sieht OK aus, die Verzerrungen an den Ecken verschwinden fast völlig. Eigentlich ein richtig gutes Bild. Geht doch!
Machen wir die Probe aufs Exempel: Der Turm ein paar Meter weiter. (4386 @ 43mm, 1/500s, f/8.) Wenn man es richtig framet, passt das ganz gut: Unten ist der Hang zu dunkel, als dass man die Verzerrungen tatsächlich wahrnehmen würde, oben ist der helle Himmel, in dem man sowas naturgemäß auch nicht sehen kann. Hey, sollte ich da etwas auf der Spur sein?!
Das nächste Wegekreuz ist auch im Normalbereich entstanden. (4386 @ ~55mm, 1/125s, f/5,6.) Erstaunlicherweise ist die Verzerrung unten besonders stark. Ist vielleicht auch die Andruckplatte der Kamera nicht mehr ganz so fit? Wäre möglich. Aber bisher war der Eindruck doch recht konsistent, den dieses Objektiv geliefert hat. Wo man aber auf jeden Fall nichts sagen kann: Der Kontrast war bisher in jedem Bild hervorragend, so auch hier in diesem. Nun kontrastet der Foma 400 ja eh gerne.
Schauen wir mal, ob das mit der Andruckplatte vielleicht eine Idee war und verwenden das einzige andere Objektiv, das ich mit Hasenohren mit dabei hatte, und fotografieren damit die Kirche. (35mm, 1/1000s, f/8.) Es ist hell, deswegen f/8. Das 35/2 Nikkor ist ja eines meiner liebsten AI-Objektive, das macht einfach saumäßig gute Fotos! Und auch hier: Keine Probleme sichtbar. Im Gegenteil: Auf f/8 abgeblendet ist es fast schon zu scharf! Hervorragende Abbildungsleistung (für ein bald 50 Jahre altes Objektiv). Sämtliche Unschärfen und Verzerrungen, die wir bisher gesehen haben, stammen also nicht von der Nikkormat, sondern definitiv vom 4386!
Wenn ich es eh schon drauf hatte, machen wir doch gleich noch das übliche Bild von der Glocke! (35mm, 1/1000s, f/2.) Weit offen: Geiles Bokeh im Hintergrund, gestochen scharfe Glocke! So kenne ich das 35er. Also kein Zweifel: Die Probleme stecken alle im Zoom-Nikkor.
Sieht man auch direkt wieder, wenn man sich den Nussknacker anschaut, der da noch von Weihnachten rum stand. (4386 @ unbekannte Einstellungen.) Wieder fällt auf: Das Gesicht ist richtig scharf, aber sobald man auch nur ein bisschen nach außen geht, zack, matschig! Das scheint hier auch relativ weit offen aufgenommen zu sein, da wird das gleich noch schlimmer.
Versuchen wir es mal mit Tiefe und Fluchtpunkt: Die Mauer mit den Häusern neben dem Katharinenturm. (4386 @ 43mm, 1/250s, f/5,6.) Je weiter man abblendet, desto besser wird der Eindruck. Außerdem fällt das ganze Rumgezerre in den Mauersteinen gar nicht so sehr auf. Trotzdem würde ich sagen, dieses Objektiv lebt eigentlich erst so richtig auf, wenn man es auf f/8 oder mehr abblendet und dann auch noch möglichst im mittleren Normalbereich zwischen 50 und 60mm bleibt. Komisch, das ist mir bei meinen Tests auf der Digitalen damals gar nicht so aufgefallen. Scheinbar vergibt die solche Fehler eher.
Der Blick in die andere Richtung wiederum war ein weiter Gegenlicht-Test: Wird man den Turm erkennen können oder wird er überstrahlt sein? (4386 @ 43mm, 1/500s, f/8.) Das Ergebnis ist erstaunlich gut, da hatte ich nach dem Hexen-Foto oben Schlimmeres erwartet. Nee, ehrlich: Damit kann man arbeiten. Hat was.
Der Holzstapel war dann wieder so ein Schnellschuss, zu dem ich mir auch mal wieder vergessen habe, die Daten aufzuschreiben. (4386 @ unbekannte Einstellungen.) Scheint aber weit offen zu sein, wenn ich mir die Unschärfe im Hintergrund so anschaue, und wohl auch am oberen Ende des Zoom-Bereichs. Und trotz der offensichtlichen Mängel, die ich oben ja jetzt zu genüge beschreiben habe: Das Bild kann was! Diese weiche, leicht Zerfließende zu den Rändern hin, als würde man einen Flaschenboden vor die Kamera halten, das gibt der kalte Winterstimmung ein bisschen Wärme! Es ist also nicht völlig nutzlos!
Wanderwegwegweiser sind ja eines meiner Hobbys. (4386 @ 86mm, 1/1000s, f/5,6.) Ich nehme an, das ist die gleiche Einstellung, wie ich sie auch beim Holzstapel verwendet habe. Die Bilder sehen sich in ihrer Stimmung jedenfalls sehr ähnlich. Und auch dieses gefällt mir eigentlich richtig gut, gerade wegen seiner ganzen optischen Probleme. Ein bisschen wie ein Traum, an den man sich nur undeutlich erinnern kann. Das ist doch mal was! Hübsch, und das ist tatsächlich schon mal eine Aussage, die man bei einem eigentlich so schlecht bewerteten Objektiv kaum erwarten würde.
Der Tele-Bereich dieses Zooms gefällt mir eh irgendwie besser als der weitwinkelige, auch wenn er doch ähnliche Probleme hat, wie man auch hier bei dem anderen Turm sehen kann, den ich mal quer durch ein wenig Gemüse fotografiert habe. (4386 @ 86mm, 1/1000s, f/5,6.) Die Vordergrundunschärfe ist nicht wirklich toll, aber in diesem Fall durchaus passend zum Motiv. Ebenfalls ganz nett, aber die beiden vorhergehenden Bilder gefielen mir leicht besser.
Mittlerweile soll die Baustelle am neuen Spielplatz ja weg sein, aber damals war die noch voll in Gange. (4386 @ ~60mm, 1/1000s, f/5,6.) Wie bereits oben gesagt: Im Brennweitenbereich um die 55mm macht das Objektiv eigentlich den besten Eindruck. Die Verzerrungen beschränken sich dann meist wirklich nur auf die Ecken und da schaut man ja meist eh nicht so genau hin. Man kann also, wenn man unbedingt will, damit ganz gut arbeiten. Hätte ich mir damals in den frühen 1970ern aber lieber eine anständige Normal-Festrennweite angeschafft, statt diesem unausgereiften Zoom-Objektiv? Wahrscheinlich. Ist es aber trotzdem ein sehr interessantes Stück Historie? Auf jeden Fall! Im Rückblick kann man gerne mal eine etwas harschere Meinung haben, damals war das cutting edge!
Ein kleiner Briefkasten mit einer 8 darüber. (4386 @ ~65mm, 1/1000s, f/3,5.) Auch bei 65mm geht das mit den Verzerrungen noch ganz gut. Auch scheint das Objektiv nahe Motive lieber zu mögen als weiter entfernte. Daraus schließe ich, dass das damals tatsächlich eher für den Portrait-Bereich gerechnet wurde. (Will gar nicht wissen, was das damals noch für ein Aufwand war. Entweder musste man das von Hand mit Papier und Stift erledigen, oder erst mal die passende Software für irgendeinen sauteuren Großrechner mit Lochkarten programmieren, der am Ende dann wahrscheinlich genau so lange gerechnet hat!
Wenn man es aber drauf anlegt, kann man die Verzerrungen und Unschärfen, die dieses Objektiv bietet, richtig gut in Szene setzen, wie hier beim Kreuz am Parkplatz an der anderen Seite der Stadt Blankenberg. (4386 @ unbekannte Brennweite, 1/1000s, f/4.) Das sieht fast wie Motion Blur aus, was da im Hintergrund abgeht! Sehr witziges Foto, mit dem ich so auch nicht gerechnet hatte. Und das ist ja gerade das spannende an diesen alten Vintage-Linsen: Man weiß nie, was man nachher an Überraschungen erlebt, wenn man den Film entwickelt!
Die eigentliche Burg haben wir an jenem Tag gar nicht besucht, die ist ja im Winter meist eh geschlossen. Was wir natürlich überprüfen mussten und trotzdem bis zum Tor gegangen sind. Deswegen hier nur zwei Mal aus der Entfernung, das erste mit dem Zoom (4386 @ 43mm, 1/1000s, f/8) und das zweite noch mal zum Vergleich mit dem 35/2 aus näherer Nähe. (35mm, 1/500s, f/8.) Joah, der Unterschied ist schon wie Tag und Nacht: Wenn man knackig scharfe Bilder haben will, nimmt man dann doch besser die Festbrennweite! Wenn man einen etwas more dreamy look haben will, geht das mit dem Zoom ganz hervorragend. Welches würde ich jetzt bevorzugen? Gute Frage. Kommt immer ganz auf meine aktuelle Stimmung an.
Auf dem Rückweg durch die Stadt Blankenberg dann noch Santa und Rudolf getroffen. (4386 @ ~70mm, 1/1000s, f/4.) Hier scheinen wir den Brennweitenbereich der größten Schärfe schon wieder nach oben hinaus verlassen zu haben. Rudolfs Füße sind bei f/4 doch deutlich unscharf. Ich scheine allerdings den Fokus auch eher auf Mr. Klaus gesetzt zu haben, dessen Füße sind doch deutlich schärfer. Nicht toll, aber schärfer! Auch hier sag ich mal: Der Stimmung angemessen. Ein scharfes Bild hätte ich wohl eher mit der Festbrennweite hin bekommen. Aber die kennen wir ja schon zu Genüge, es ging hier schließlich um das Zoom-Nikkor!
Um das Ganze dann aber mal mit einem richtig scharfen Bild zu Ende zu bringen: Hier noch die Gaststätte mitten im Dorf mit dem 35/2 Nikkor. (35mm, 1/500s, f/8.) Im direkten Vergleich erschlägt einen die Schärfe schon praktisch, gerade bei einem so kontrastreichen Fachwerkbau.
Fazit: Ja, das Zoom-Nikkor Auto 1:3.5 43-86mm macht Bilder. Es macht auch manchmal gute Bilder. Macht es meistens welche, von denen man sich fragt: "Wie konnten die das damals nur unter dem Markennamen Nikkor verkaufen, ohne sich zu schämen?" Eigentlich schon. Aber es war halt etwas total Neues! Und ich glaube, viele Leute waren damit ganz zufrieden, dass man nicht mehr ständig die Objektive wechseln musste oder eben auf eine einzige Brennweite angewiesen war. Das war sicher eine spannende Zeit damals. Und es hat ja auch nicht lange gedauert, bis die richtig guten Normal-Zooms raus kamen. Einen Ur-Ur-Urenkel davon habe ich ja auch: Das 35-70/2.8 ist zwar bei weitem moderner und macht sehr viel bessere Bilder, aber die DNA ist doch erkennbar. Und es liegen gerade mal 30 Jahre dazwischen. Das ist etwa die gleiche Zeit, die seitdem vergangen ist, und, ja, da sind noch Detailverbesserungen seitdem passiert, aber nichts wirklich Weltbewegendes.
Wie auch immer: Für das, was es ist, ist es nicht gut, aber eben auch nicht so unglaublich schlecht, wie alle es einem einreden wollen. Es hatte damals seine Daseinsberechtigung.





















