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Fed 3 mit Industar 61A

Was ist hübscher als eine alte sowjetisch/ukrainische Sucherkamera aus den 1960ern? Kaum etwas, ist meine Meinung. Bei diesem Exemplar, das ich letzten Samstag auf dem Rheinauenflohmarkt in Bonn habe mitgehen lassen dürfen, handelt es sich scheinbar um das Modell Fed 3b (oder evtl. eine Fed 3L?) mit einem Industar 61 53/2.8 Objektiv dabei. Beides sah sehr gut erhalten aus, nur ein bisschen staubig und jemand hat mal wieder am Belichtungszeit-Knöpfchen gedreht, ohne die Kamera vorher aufzuziehen, weshalb der Pfeil nicht mehr auf die richtige Zeit zeigt, aber ansonsten könnte sie fast schon so gerade vom Band gefallen sein. OK, die Belederung hinten löst sich leicht, an der stelle, an der man das gute Stück unweigerlich anfasst, aber das ist ja normal. Der Sucher mitsamt des Rangefinders funktioniert brauchbar gut, die Bilder passen nicht 100%ig übereinander, aber mehr als ausreichend, um richtig scharf stellen zu können.


Auch von innen sieht das gute Stück sehr gut aus: Der Tuchverschluss (beide) ist lochfrei, was bei dem Alter schon gar nicht mehr so häufig zu sein scheint. Die Mechanik des Filmtransports läuft ziemlich brauchbar. Die Andruckplatte und die Schienen sind sauber und unverkrazt und sogar ohne Fingerabdrücke - noch, ich möchte diese Kamer nämlich tatsächlich auch benutzen, somit habe sie bereits mit einem passenden Foma 200 ausgestattet und auch bereits ein paar Bilder geschossen. Dabei ist mit aufgefallen, dass der Filmtransport manchmal etwas hakelig ist, der Auslöser ist vereinzelt nach einem ganzen Dreh am Transporthebel noch nicht gespannt, sodass ich noch ein kleines Stückchen mehr drehen muss. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob der Hebel überhaupt als "full stroke" ausgelegt ist, oder ob man tatsächlich eigentlich zwei "half strokes" machen sollte. Hm, irgendwo gibt es doch sicher eine Betriebsanleitung. Egal, es scheint jedenfalls alles soweit zu funktionieren und ich bin auf die Bilder gespannt, die ich damit machen werde.


Was kann ich ansonsten über die Fed 3 erzählen? Nunja, nicht viel mehr, als ich aus dem Internet weiß und was man bei genauer Betrachtung des Top Decks sehen kann: Die Belichtungszeiten gehen von B über 1s bis zu 1/500s. Wobei die 1/30s (Blitzsynchronzeit) aus der Skala heraus fällt und zwischen B und 1s liegt. Es gibt das übliche Zählwerk rund um den Spannhebel, den man manuell zurücksetzen kann. Rund um den Auslöser ist eine Krone, mit der man die Walze mit den Transporthaken lösen kann, um den Film zurückspulen zu können - ob man auf diese Weise auch Doppelbelichtungen hin bekommen kann, weiß ich nicht. (Wie war das mit "irgendwo muss es doch eine Anleitung geben?" ;-))

Das Mitgelieferte Industar 61 ist der übliche Tessar-Nachbau, soweit ich weiß, 4 Elemente, 3 Gruppen. Dieses würde sich recht problemlos austauschen lassen, denn die Kamera verfügt über den einigermaßen weit verbreiteten M39-Schraubanschluss - leider wohl nicht ganz Leica-kompatibel, aber wer kann sich die Objektive schon leiste?! Welche Version ich da genau habe, also wie viele Blendenlamellen und Hastenichgesehen, was die Sammler alles unterscheiden, kann ich nicht sagen, ich habe es noch nicht nachgezählt. Hauptsache, ich teste das Teil erst mal. Ich erwarte allerdings die übliche, brauchbare Bildqualität, die ich von diesen Objektiven auf M42 gewohnt bin, schließlich handelt es sich um mehr oder weniger das gleiche Design. Auch das Objektiv scheint übrigens mechanisch in gutem Zustand zu sein, nur habe ich nach der Reinigung einen leichten Schmier auf der Innenseite der Fokuslinse gesfunden, den ich vorher nicht sehen konnte. Hat auf dem Flohmarkt wahrscheinlich zu lange in der Sonne gelegen und das Blendenfett hat sich verflüssigt. Es lohnt sich aber nicht, es dafür auseinander zu nehmen, die Verschmutzung ist nur ganz am Rand und sollte nur minimal den Kontrast beeinflussen. Kratzer habe ich keine gesehen, weder auf der Front- noch auf der Rücklinse.


Ansonsten kann man über diese kleinen aber einigermaßen mächtigen Sucherkameras nicht viel sagen. An sonnigen Tagen einfach auf f/16 stellen, den Fokus kurz vor unendlich, und schon kann man einfach dahin knipsen, ohne sich groß mit irgendwas beschäftigen zu müssen. Oder, man macht das so aufwendig wie ich, und verwendet den eingebauten Entfernungsmesser und weitere Blenden (was bei einem ISO 200 Film und einer minimalen Zeit von 1/500s meist bei f/5,6 endet) und versucht ein bisschen Unschärfe im Bild zu haben. Aber auch in diesem Modus ist die Bedienung kinderleicht. Mehr als Sunny 16 muss man eigentlich nicht wissen, auch wenn ich zur Absicherung und an den dunkleren Stellen unter Bäume oder im Schatten von Häusern dann doch mal das Handy und die Belichtungsmesser-App zücke. Bei einigermaßen gleichbleibenden Lichtverhältnissen hingegen: Einmal einstellen und vergessen.

Die Bedienung geht also schon mal recht leicht von der Hand. Man muss sich nur merken, dass wie so oft bei alten Ostblock-Objektiven die Blende ganz vorne eingestellt wird - wie bei Olympus, was mich immer wieder fragen lässt, wer da von wem abgeschaut hat. Bietet das einen Vorteil, ist das so einfacher zu bauen? Ich weiß es nicht. Solange es funktioniert, sag ich mal, ist alles gut. (Würde mich halt nur mal interessieren.)

Fazit: Insgesamt habe ich hier glaube ich ein ganz hübsches Exemplar in einigermaßen funktionstüchtigem Zustand erworben. Die Bereitschaftstasche war auch dabei und das Leder ist noch einigermaßen geschmeidig und die Nähte reißen nicht auf, was wohl darauf hindeutet, dass diese Kamera auch nicht allzu schlimm gelagert wurde. Also wohl eher kein Dachbodenfunde, der 40 Jahre vergessen in Hitze und Kälte herum gelegen hat. Was ja auch das restliche Aussehen der Kamera bestätigt. Habe ich zu viel bezahlt? Wahrscheinlich sind 40 Euro tatsächlich mehr, als ich bei eBay ausgeben würde, um dieses Modell zu bekommen. Aber hier auf dem Flohmarkt konnte ich mich wenigstens vorher ansehen, ob alles einigermaßen funktionstüchtig ist. Und wenn ich sehe, was die für den laufenden Meter Stand bezahlen müssen, das ist ja schlimmer als die eBay- und PayPal-Gebühren! Werde ich in Zukunft Ausschau nach anderen M39-Objektiven halten? Wenn die Kamera sich als voll funktionstüchtig erweisen sollte, wäre ein Weitwinkel und ein kleines Tele vielleicht tatsächlich interessant!