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Schwarz-weiß und analog, Teil 147: Mit einer Beltica durch Lanzenbach

Film: Fomapan 100 #32, Kamera: Belca Beltica, Januar 2022

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Nach der Erfahrung mit der Praktica in den letzten s/w-Artikeln, kommen wir nun zu einer Kamera, die im gleichen Paket gelegen hat und die mindestens genauso misshandelt war: Eingetrockneter Verschluss, rundrum ziemlich abgenudelt und überhaupt mit einem Eindruck versehen, als hätte sie Jahrelang auf einem verstaubten Dachboden gelegen. Zudem Pilz in den Linsen, der sich schon in die Beschichtung gefressen hatte: Keine guten Voraussetzungen.

Um so erstaunter war ich von dem Ergebnis, das ich hier mit diesem Film vorstellen möchte. Ich nehme hier jetzt vielleicht das Fazit schon vorweg, das ich eigentlich immer erst am Ende abgebe, wenn ich die Bilder alle beschrieben habe, aber warum nicht mal umgekehrt: Alle Bilder sind leicht unscharf. Es liegt nicht an mir, ich schwöre! Denn ich habe hier zum ersten Mal mit dem Ultraschall-Entfernungsmesser gearbeitet, den ich mir extra für diesen Zweck zugelegt habe! Kameras ohne Entfernungsmesser habe ich ja mittlerweile einige und immer mit der digitalen die Entfernung auszumessen, ist manchmal auch etwas doof. Was die allgemeine Schärfe angeht: Auch Bilder, die bei Unendlich gemacht wurden, sind leicht unscharf. Ich gehe also mal davon aus, das sind die Auswirkungen des Pilzes. Der hat die Linsenoberflächen angeraut und jetzt ist nix mehr mit alles in einen Punkt bündeln. Andererseits, vielleicht sahen die Bilder aus dieser Kamera schon immer so aus, wer weiß? Es ist die erste Belca, die ich gesehen habe!

Kommen wir also zu den Fotos: Da wäre zum Ersten der Trecker, der bei uns gegenüber vom Ende der Straße steht. (1/200s, f/4, inf.) Wie man sieht: Objektiv stand auf Unendlich und der Trecker ist nun wirklich weit genug weg gewesen, dass er bei f/4 eigentlich scharf sein sollte. Ist er aber nicht. Wir können uns bei diesem Film also tatsächlich auf das echte unscharfe und kontrastarme Retro-Feeling gefasst machen. ;-) Wobei, der Kontrast ist erstaunlicherweise eigentlich ganz OK: Es war halt ein nur ein Januar-Morgen, wenn auch sonnig und nahe der goldenen Stunde.

Ohne Foto vom Jesus komme ich ja kaum mal nach Hause, so auch an diesem Tag. (1/200s, f/8, ca 3m.) Wie man sieht, auch auf f/8 abgeblendet wird das Bild nicht richtig scharf. Immerhin ist hier so ziemlich alles gleich unscharf, von der Spitze des Daches bis runter zu den Balken hinter dem Schatten des Kreuzes, sodass ich davon ausgehe, dass das einfach das Beste ist, was ich von diesem sehr simplen und doch sehr angefressenen Objektiv zu erwarten habe. Simpel, weil: Drei Linsen, drei Gruppen, die vorderste ist die einzige, die fokussiert; also so ziemlich das minimalste Design, das überhaupt geht.



Und wie man sieht, ich muss mich erstmal daran gewöhnen, dass der Sucher eine gewisse Parallaxe aufweist, die man zwar korrigieren kann, aber vielleicht ist der auch etwas verbogen. Jedenfalls hätte das Fahrrad etwas weiter mittig sein sollen. (1/100s, f/5,6, ca 2m.) Hier kann man sehen, dass ich mit dem Fokus einigermaßen richtig lag, denn das Vorderrad ist schon ein bisschen unschärfer als der Rest. Schild und Sattel liegen zumindest ungefähr in der Fokusebene, das gefrostete Gras im Hintergrund dagegen schon nicht mehr. Insgesamt aber kein Bild, auf das ich besonders stolz bin: Zu unruhig, nicht gut eingemessen. Naja, ich übe ja noch mit dieser Kamera.

Dann ein Foto, bei dem ich mir gedacht habe: Bringen wir es hinter uns uns testen mal, wie schlimm es im schlimmsten Fall werden kann! Strommasten gegen die Januarsonne! (1/100s, f/16, inf.) Also, eins muss man der Kamera lassen: Sie macht sehr interessante Sonnenstrahlen. Die sehen echt klasse aus, die habe ich so mit noch keiner anderen Kamera abgebildet bekommen. Das simple Objektiv-Design hat zudem den Vorteil, dass es nur ein einziges kleines Pünktchen mit Flare gibt, genau gegenüber der Sonne. Zudem: Bei f/16 sieht man endlich zumindest sowas Ähnliches wie Schärfe im Bild: Strommasten und -leitungen sehen einigermaßen scharf aus, die Schatten der Grasbüschel ebenso. Auch die kahlen Äste am Horizont sind recht gut abgebildet. (Und ich habe das Bild etwas stark komprimiert, da sind ein paar viele Artefakte im Farbverlauf im Himmel. Macht nix. ;-))

Richtig gut geworden ist der einzelne Pylon auf der Wiese genau 180° am gleichen Standort wie das letzte Bild mit den Masten. (1/200s, f/4, ca 1,50m.) Hier ballert die Sonne voll rein, sodass zumindest der Kontrast sehr gut geworden ist. Das hilft auch dem Schärfeeindruck. Was auch hilft: Die relativ weit offene Blende und das dadurch provozierte Bokeh im Hintergrund, das gar nicht mal so schlecht aussieht. Sollte mich nicht verwundern: Unscharf kann die Kamera ja offensichtlich! ;-) Aber das Loch im Pylon kommt gut scharf rüber, erstaunlich besser als alles andere, was wir bisher gesehen haben. Und zusätzlich kann man feststellen, dass ich mit solchen primitiven Suchern noch viel mehr Probleme habe, die Kamera gerade zu halten, als ich sonst sowieso schon habe! :-D


Silhouettenbilder scheinen mit der Kamera ganz gut zu gehen, denn auch die Straße beim Grabmalebildhauer sieht ganz gut aus. (1/200s, f/8, inf.) Auch hier wieder der eine einzige kleine Ghost genau gegenüber der Sonne, die hinter den Bäumen dieses Mal nur vier, sehr asymmetrische Strahlen ausbildet. Bei f/8 sind wir ansonsten scheinbar noch immer im brauchbar scharfen Bereich. Die Sonnenlichtspiegelung auf der Straße war übrigens der Grund, dass ich dieses Bild gemacht habe.

Das nächste Bild war nicht ganz leicht einzumessen, so ist der Tränkeanhänger leider ein bisschen weit an den unteren Rand gerutscht und dafür oben das Band vom Weidezaun uns Bild geraten. (1/50s, f/8, inf.) Wie gesagt: Sehr simpler Aufklapp-Sucher. Nicht ganz so leicht! ;-) Dafür ist das Bild ansich aber ziemlich gut gerworden, wenn auch etwas wackelig bei der langen Belichtungszeit. Hier haben wir aber mal die Möglichkeit, eine andere Eigenschaft des Objektivs zu begutachten: Der Zaun ist in natura zwar auch ein bisschen nach unten durchgebogen, aber so schlimm? Ich glaube, wir haben es hier doch mit ein bisschen Pincushion-Verzerrung zu tun. Mal bei den anderen Bildern drauf achten. ;-)


Straßenschilder haben ja diese besondere Folie drauf, die dafür sorgt, dass möglichst viel Licht zurück geworfen wird, damit man die auch nachts noch sehen kann. So auch hier: Land- und Forstwirtschaft frei! (1/100s, f/8, ca 3,50m.) Ein ganz witziges Bild ist das geworden, auch wenn ich mit mehr Überbelichtung im Schild gerechnet hätte: Die Sonne stand nämlich genau an der richtigen Stelle und mit bloßen Augen konnte man sich das kaum anschauen!

Was wäre der Waldweg nach Hennef ohne die Bank unterm Baum? Um ein Motiv ärmer, das steht fest. (1/50s, f/2,9, 5m.) Wollte jedenfalls auch mal die Offenblende testen und diese Gelegenheit bot sich hier. Vielleicht habe ich es etwas übertrieben, 1/100s hätte auch gereicht, dann wäre es auch nicht so verwackelt. Trotzdem kann man glaube ich erkennen: Auch bei Offenblende ist diese Kamera nur unwesentlich unschärfer als sowieso schon. Dafür aber ein insgesamt ganz schönes Bild bekommen, das genau so auch schon 70 Jahre alt sein könnte. (Gut, damals gab es hier noch den Bahndamm der Siegtalbahn und daher wohl auch kaum eine Bank an dieser Stelle, aber Sie wissen, was ich meine.)


Schön ist auch immer wieder der Blick zur einsamen Scheune. (1/200s, f/4, inf.) Auch mit dieser Kamera liegt diese durchaus friedlich hier im Hanfbachtal. Bei f/4 sollte man erwarten, dass die Äste im Vordergrund entscheidend unschärfer wirken als das eigentliche Motiv bei Unendlich. Ja: Erahnen lässt sich das. Aber auch hier: Insgesamt ist das Bild eher mäßig scharf und wirkt, als hätte ich es einmal durch den Gauss-Filter im Gimp gejagt.

Fazit: Liegts am Pilz oder ist die Kamera grundsätzlich nicht das schärfste Messer im Block? Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber andererseits erhält man hier mit jedem Foto das echte Retro-Gefühl. Diese Bilder stammen nicht von 1950, aber sie wirken so! Und das ist doch eigentlich genau das, was der Vintage-Kamera-Tester haben will, oder? Naja, vielleicht nicht ganz so extrem. ;-) Trotzdem, ich bin erstaunt, dass hier noch so brauchbare Bilder raus kommen, nachdem ich die Kamera überhaupt erst mal mit meinem sehr beschränkten Wissen wiederbeleben musste.