Skip to content

Seelscheid aus der Sicht einer ca. 17 Jahre alten Canon

Ich habe mir ja gestern auf dem Heimweg bei C ihre alte Canon 400D geklaut, mitsamt des Kit-Objektivs Canon Zoom Lens EF-S 18-55mm 1:3.5-5.6 II. Ich weiß nicht genau, wann sie die gekauft hat, aber das Modell ist irgendwann so um den September 2006 herum erschienen. Die hat also definitiv schon was auf dem Buckel. Leider schreibt die keinen Shutter Count in die Exif-Daten, sonst wüsste ich zumindest das.

Bevor ich euch aber wieder mit irgendwelchen Beauty Shots langweile, habe ich die heute einfach mal mit genommen und meine übliche Runde durchs Dorf von Laden zu Laden zu Post zu Laden damit dokumentiert. Das Wetter ist mies (stürmisch, unterbrochen von gelegentlichem Weltuntergang), sodass ich immer gegen den Regen arbeiten musste. Das ISO stand dementsprechend auf sehr optimistischen 400. 800 wäre wahrscheinlich besser gewesen, das Objektiv ist ja nicht besonders lichtstark, aber ich wollte kein zu heftiges Rauschen triggern.


Wie man aber sehen kann, sind die Bilder eigentlich ganz gut geworden und das Rauschen hält sich auch bei denen, die ich ein bisschen aufgehellt habe, sehr in Grenzen. Ich habe zudem praktisch die ganze Zeit mit Offenblende gearbeitet, weil, wie gesagt: Wetter Scheiße! Bei der niedrigen Auflösung von gerade mal 10-Komma-nochwas Megapixeln fällt das auch nicht zu sehr auf, auch wenn ich das Gefühl habe, dass es teilweise - gerade im Tele-Bereich - ein bisschen weich ist. Ansonsten performt das ganz gut: Keine Chroma-Fehler, die ich jetzt direkt sehen würde, und der Kontrast ist auch ganz brauchbar. Die Bilder habe ich größtenteils nur ein bisschen Farbkorrigiert und an den Rändern eine Kleinigkeit abgeschnitten, sodass sie jetzt meine übliche 4k-Auflösung haben, ohne dass ich sie skalieren musste.

Im Weitwinkelbereich ist die Verzerrung aber schon recht heftig. Der Fahnenmast zB biegt sich schon fast Fischaugenartig durch und ich habe da noch ein Bild vom Bücherschrank vor der KSK, das ich hier nicht rein genommen habe, weil es unscharf ist, aber da sieht man das noch deutlicher, weil ich da straight on drauf gehalten habe, statt wie bei der Fahne diese Perspektive von unten zu haben. Gut, 18mm sind auch sehr weit, selbst wenn man dann auf 1,6x runter crop-t. Die effektiv resultierenden 29mm klingen zwar gar nicht so weit, aber im Herzen ändert sich da nicht viel.

Hingegen hatte ich praktisch keine Beanstandung im Bereich Abschattung. Die Ecken der Bilder, in denen das Phänomen ja bekanntermaßen besonders gerne auftritt, werden ja aber auch weg geschnitten, sodass ich da wenig überrascht bin.


Das mit dem Bücherschrank war übrigens das einzig Unscharfe und das lag wahrscheinlich am Regen auf der Frontlinse. Ansonsten war der Autofokus durchweg recht präzise und hat auch bis auf das Bild mit den aus der Hecke raus stehenden Blättern immer den Punkt angepeilt, den ich im Sinn hatte. Das Autofokus-System bei Canon ist aber ja bekanntermaßen eh besser als das, was ich von Nikon seit Jahrzehnten gewohnt bin. Also, angeblich, ich benutze ja eher selten Canons, ich muss mich da auf das verlassen, was andere Leute in diesem neumodischen Internet, das sich ja eh nicht durchsetzen wird, so behaupten. ;-)

Die Bedienung der Kamera ist hingegen für mich alten Nikonianer etwas ungewohnt: Nicht nur, dass das Bajonett andersrum gedreht wird - OK, da ist Nikon ja the odd one out -, auch der Zoom-Ring geht in die andere Richtung. Ich total verwirrt. Glücklicherweise bin ich das ja von diversen anderen meiner Kameras gewohnt. Ist immer so 50-50, ob ich auf Anhieb in die richtige Richtung zoome. ;-) Liegt aber auch wahrscheinlich mit daran, dass ich ja mittlerweile praktisch nur noch Festbrennweiten verwende.


Schön hingegen ist der recht große Makro-Bereich an dieser Linse, die auch ein ordentliches Bokeh ermöglicht, auch wenn man bei vollem Zoom nur noch f/5,6 zur Verfügung hat. Da musste sich Canon aber auch nur mäßig für anstrengen, denn der Crop-Faktor hilft auch hier sehr. Das Makro hat mir auch sehr geholfen, als ich mir dann noch den Weihnachtskaktus und die Orchideen vorgenommen habe. Die sehen auch durchweg alle ganz gut aus. Abblenden auf f/11 oder sowas hätte hier natürlich mehr Schärfe gebracht, aber das Licht war eh schon so spärlich, dass ich verdammt nah an das ran gekommen bin, was ohne Stativ noch möglich ist. Da hätte ich dann mehr Photonen gebraucht! ;-)


Fazit: Der erste Eindruck von der Kombination aus Kamera und Objektiv ist ganz solide. Für eine so alte digitale aus einem eher für Einsteiger gedachten Marktsegment sogar durchaus brauchbar. Was wäre da der korrekte Vergleich bei Nikon gewesen? Eine D40? Oder doch eine D80? Ich glaube, ein genaues Äquivalent gab es da nicht. Aber eine von denen. Die D40 hatten eine geringere Auflösung, passt aber zeitlich ganz gut. Die D80 hat die gleiche Auflösung, aber mehr Featues. (Ich mache das ja immer daran fest, ob eine Kamera eine Abblendtaste hat - die Canon 400D hat keine, wie die D40, während die D80 eine hat.)

Nun sind diese ganzen Vergleiche aber eher akademischer Natur, denn ich habe weder die eine noch die andere. Grundsätzlich habe ich aber den Eindruck, dass beide Nikons stabiler waren. Die Canon fühlt sich doch sehr nach Plastik in meinen Händen an. Mehr wie ein Spielzeug denn eine ernsthafte Kamera. Das bedeutet nicht, dass sie nicht durchaus noch gute Bilder macht, selbst nach all dieser Zeit. Wer also ein wirklich sehr kleines Budget hat und mit gerade so 4k auskommt, kann evtl. noch immer mit dem Teil glücklich werden.